"if you can't beat them in the alley, you can't beat them on the Ice" - (Conn Smythe) Aus dem Poesiealbum der Broad Street Bullies, der deutschen Nationalmannschaft gewidmet!

Montag, 25. Juni 2012

Versuch eines EURO-Tagebuchs 9:

Was gibt es an so spielfreien Tagen zu schreiben? Irgendwas mit Fußball ist immer. Aktuell der Fernsehstart einer Dokumentation über das aktuelle Leben und Treiben eines früheren deutschen EM-Teilnehmers. Natürlich habe ich die Sendung nicht gesehen, gehöre wohl auch nicht zur Zielgruppe. Aber eine Meinung habe ich trotzdem. Es geht um Lothar Matthäus und zu dem hat wohl jeder, der ihn als aktiven Spieler erlebt hat eine. Also alle, die mindestens 20 Jahre alt sind und sich für Fußball interessieren. Meine Meinung zu Matthäus weicht von den Leuten, mit denen ich mich austausche deutlich ab. Ich sehe in ihm einen Spieler, der zunächst bereits in sehr jungen Jahren eine ziemlich große Klappe und ziemlich viel Talent hatte. Dieses Talent investierte er in den ersten 5 bis 6 Jahren seiner Karriere (also ca. ab 1980) insbesondere in der Nationalelf in das Kettenhund-artige Bewachen und Verfolgen gegnerischer Stars, er war, was es heute nicht mehr gibt, Sonderbewacher, eine Art Vorstopper oder Manndecker im Mittelfeld. Verhinderte das Spiel von Maradona, Platini, Zico, nahm diese und andere Spielmacher der Gegner aus dem Spiel. Er nahm auch seinerseits nicht am Spiel der eigenen Mannschaft teil, das war für den damaligen "Sechser" auch gar nicht vorgesehen. Der Lauf- und Schußstarke Matthäus, der schon damals auch 50m-Pässe zum Mitspieler brachte, begann nach dieser reinen Zerstörerrolle mehr und mehr, auch an der Spielgestaltung teilzunehmen. Eine zeitlang spielte er fast schon wie die heutigen "Sechser". In den Jahren von 1987 bis 1991 war er dann tatsächlich ein dynamischer Antreiber von Weltklasseformat. Wohlgemerkt Weltklasse auf seine Position beschränkt, so wie Kohler ein Weltklasse-Vorstopper war ohne  zu irgend einem Zeitpunkt einer der besten Spieler der Welt gewesen zu sein. Danach ging es wieder bergab, auch von schweren Verletzungen und zunehmendem Alter geplagt. Als Wendepunkte seiner Karriere kann man aus meiner Sicht die WM 1986 einerseits und 1994 andererseits sehen. 1986 begann er erstmals, vom reinen Zerstören abzuweichen, mehr fürs Spiel der eigenen Mannschaft zu tun, wohl auch wegen des gewaltigen spielerischen Vakuums in der deutschen Elf, die damals mehr Vorstopper und Liberos (Herget, Augenthaler, Jakobs, Eder, Förster, Briegel) in ihrem Kader hatte als Spielmacher (Magath). Matthäus übernahm erstmals ansatzweise eine Führungsrolle, die er fortan auch nicht mehr abgab, auch als er längst nicht mehr die dazugehörende Leistung brachte. Am anderen Ende der Skala steht 1994, als der bereits deutlich alternde Kapitän, sinnbildlich für den Niedergang der Nationalmannschaft stehend, auf dem Platz in keinster Weise mehr den Anspruch erfüllte, Weltklassespieler zu sein, neben dem Platz aber so tat, als sei er es weiterhin. Spätestens von da an versuchte er nur noch seine Pfründe zu behaupten, seinen ihm seiner Meinung nach zustehenden Platz an der Spitze der Nahrungskette. Dabei konnte er immer weniger noch auf Leistungen zurückgreifen, immer mehr ging es außerhalb des Platzes zur Sache, in der Kabine und über die Medien, die sich, so sehr sie ihn benutzten, er für sie ein nützlicher Idiot war, auch ihrerseits von ihm einspannen und instrumentalisieren ließen.
Fußballerisch betrachtet haben wir also von 20 Karrierejahren etwa 3, wohlwollend 4 bis 5 Jahre auf hohem internationalem Niveau. Dem gegenüber stehen 5 Jahre als Wadenbeisser, Terrier im defensiven Mittelfeld, in denen er nichts anderes leistete als zu zerstören und weitere etwa 6-8 Jahre als Intrigant, Medienspitzel und Brunnenvergifter in der eigenen Mannschaft bei nur noch mässigen Leistungen. Sein Geltungsbedürfnis, sein Gehabe und sein Führungsanspruch nach innen und außen stimmten also während der überwiegenden Zeit seiner Laufbahn nicht mit der Leistung und dem Ansehen in der Mannschaft überein. Also wenn meine Kinder mich nach Matthäus fragen, dann sage ich ihnen, in beliebiger Reihenfolge, daß er es war, von dessen Tritt (Foul oder nicht spielt dabei keine Rolle) sich Jürgen Grabowski nicht mehr erholte und der auf solche Taten seine Karriere aufbaute und, daß das einmal, von 1988 bis 1991 ein sehr guter Mittelfeldspieler war. Im Gegensatz zu vielen tatsächlichen Stars, gab es Spiele wie das 4:1 gegen Jugoslawien von ihm aber nicht oft genug zu sehen, um ihn zu den ganz großen zu zählen, obgleich er sich in deren Reihen wähnt.
Nun also eine Doku-Soap über sein Leben. Nun, so konsequent, wie er in seinen guten Jahren auf dem Platz war, so ist er es auch nach seiner Karriere. Er macht sich halt mit allem lächerlich, was er seither anpackt. Auch hier kann man die wahrhaft Großen von den Möchtegernen unterscheiden. Hinzu kommt erschwerend, daß Matthäus entweder schlecht oder gar nicht beraten wird.

Egal, meiner Meinung nach tut man ihm Unrecht, wenn man sagt, sein Tun, aktuell die Fernsehshow, seien unter seiner Würde. Dafür hat er eine solche  bisher zu selten gezeigt.

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