"if you can't beat them in the alley, you can't beat them on the Ice" - (Conn Smythe) Aus dem Poesiealbum der Broad Street Bullies, der deutschen Nationalmannschaft gewidmet!

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Vorerst gescheitert - die Eintracht

"It's better to burn out, than to fade away". Ist eigentlich eine Zeile aus einem Klassiker von Neil Young und nicht die Vereinshymne der SGE. Aber die Eintracht schickt sich an, diesen Vers zum zweiten Mal in Folge zum Motto der Saison zu erheben - allerdings in der Variation, daß sie beides macht. Das verlief letztes Jahr so, daß im Oktober der Höhepunkt erreicht wurde, im November der Burnout, im Dezember leidliche Schadensbegrenzung, dann desaströse Winterpause und - vorbereitung und der fade-away, frei übersetzt das ebenso lange wie langsame Dahinsiechen in der Rückrunde. Klingt vertraut, praktisch deckungsgleich mit der Vorrunde 2011/2012. Sieht man Verhalten und Reaktion von Schwegler im und nach dem letzten Spiel in St. Pauli, so deutet sich an, daß der Kapitän in der Mannschaft ähnliche Tendenzen feststellt, wie vor Jahresfrist, was ihn ja seinerzeit auch bewogen hatte, von einer Vertragsverlängerung abzusehen. Inzwischen dürfte man ja begriffen haben, daß ihm wirklich etwas an der Eintracht liegt, man sollte ihn also anhören und ernst nehmen.
Die Mannschaft spielt immer wieder "optisch überlegen", scheint sich damit selbst mehr zu beeindrucken und einzulullen als die Gegner, ein zwingender Zug zum Tor, ein erkennbarer Wille einen Treffer zu erzielen, war in den letzten Wochen nicht mehr erkennbar. Als herrsche im Team die Einstellung "wird schon irgendwie einer reingehen". Auch das erinnert an die Vorsaison.
In den letzten Partien hat die Mannschaft sichtlich weniger investiert als die Gegner, mit Ausnahme der St. Pauli-Begegnung. Und in diesem letzten Spiel hatte die Eintracht zwei torgefährliche Aktionen, die bei schwächerem gegnerischen Torwart auch schon mal reingehen, aber dennoch ist das zu wenig, es spricht nicht gerade dafür, daß da eine Mannschaft unbedingt gewinnen will. Außerdem, und das kennzeichnet die Eintracht schon seit ich denken kann: der Gegner kann jederzeit ein Tor erzielen, die Abwehr ist immer für ein Gegentor gut, egal wie die Spielanteile liegen.
Es bleibt Armin Veh zu wünschen, daß er Wege findet, den Schwung und Biß der ersten Wochen wieder ins Spiel zu bringen. Ich frage mich, wie schwach die Spieler in der zweiten Reihe sein müssen, daß Köhler in seiner aktuellen Form immer noch gesetzt ist, Jung immer noch spielt usw. Vielleicht kann ja Kittel etwas reißen. Hoffnung bleibt immer.

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Mal etwas anderes: Monster Magnet geht immer

Diesen Blog wollte ich erst "Sport und Musik" nennen, als Ehrerbietung an den Samstagnachmittag meiner Kindheit, als die Eintracht noch dritter der ewigen Tabelle war (und Köln erster!). Ich habe also keinerlei Skrupel, das nur manchmal berauschende Terrain des Sports zu verlassen und einen Trip ins echt psychedelische zu unternehmen.
Monster Magnet waren in Darmstadt und nach 11 Jahren habe ich mich wieder aufgemacht, sie zu sehen. Dave ist dick geworden, die Bühne kleiner, er trägt nicht mehr den Flammen-Lederanzug und tanzt auch nicht mehr wie ein Derwisch über die Bühne. Das grandiose, oft überzogene Posing hat er deutlich runtergefahren, nicht zum Nachteil seiner Bühnenpräsenz. Das Konzert war kürzer als damals. Da ich kein Kritiker bin, sondern Fan, sage ich, daß es mir großen Spaß gemacht hat, die Jungs Mal wieder zu sehen. "Dopes to infinity" komplett gespielt, "look to the orb for a warning", "Megasonic teenage warhead", "dead Christmas" und die anderen nochmal live zu hören tat gut. Textzeilen wie "Introduce me to god", "You can't rape the world and be creative" und natürlich "I'm never gonna work another day in my life" (breitbeinig, mit gestreckten Mittelfingern natürlich) sind kostbare Rock'n'Roll-Momente. Die nackten Tänzerinnen, die sich auf der "God says No"-Tour noch zu "Space Lord" auf Podesten räkelten und ihre rasierten ... präsentierten, die haben mir gefehlt, hatten damals aber den Mißfallen der Musikpresse erweckt, die ja ohnehin lieber die Vorgruppe Queens of the Stone Age als Headliner gesehen hätten. Geschmacksache. Deren Stücke mit Nick Oliveri am Mikro taten mir richtig weh, ich würde die mehr der Aktionskunst ( oder Fluxus?) als der Musik zuordnen.


Messianische Pose, steht Dave Wyndorf auch mit 55 und Bauch noch gut. Monster Magnet rockt noch immer.

Montag, 5. Dezember 2011

Orte der Schande 1: Gijon

Was muß auf dem Platz los sein, damit Zuschauer auf der Tribüne erregt und mit Schaum vor dem Mund mit Geldscheinen wedeln? Nein, es ist nicht Wolfsburg, die Zuschauer dort sind ja viel zu betäubt, um etwas zu merken. Hier, im Spanischen Gijon fand im Rahmen der WM 1982 eines der denkwürdigsten Spiele in der WM-Geschichte statt - das im Nachgang auch zu einer Änderung der Regularien führte, als Konsequenz aus dem Spielverlauf. Die Begegnung zwischen Deutschland und Österreich war das dritte Spiel beider Teams in der Vorrundengruppe. Deutschland führte nach knapp 10 Minuten mit 1:0, passend zum Spiel war der Treffer von Horst Hrubesch nicht Fisch noch Fleisch, er war einfach in eine Flanke gelaufen und der Ball sprang von seinem Oberschenkel ins Tor. Dieses 1:0 war genau das Resultat, das beiden Mannschaften in die nächste Runde verhalf. Ein weiterer Treffer, egal welchen Teams hätte das Aus für den anderen bedeutet und die Mannschaft von Algerien, die ihr drittes Gruppenspiel bereits beendet hatte, wäre mit 4:2 Punkten eine Runde weiter gekommen. In den ca. 80 Minuten nach dem Tor spielte sich ein erbärmliches Ballgeschiebe ohne irgendwelche Angriffsbemühungen ab, unsportlich und zynisch, jegliche Fairness verhöhnend, verächtlich gegenüber den Algeriern. Die Protagonisten auf Deutscher Seite waren einige der abgezocktesten und abgebrühtesten Spieler aller Zeiten, allen voran Breitner, Kaltz, Rumenigge, Schumacher. So kam es zu den Reaktionen der Zuschauer, die mit Recht ein abgekartetes Spiel vermuteten. Die Beteiligten behaupten bis heute, es habe keinerlei Absprachen gegeben, aber so ist es ja auch immer, wenn gefragt wird, ob eine Mannschaft gegen ihren Trainer gespielt habe. Jeder, der einmal Einblicke in das Intimleben einer Profimannschaft gewinnen konnte, weiß, das es passiert.

Freitag, 2. Dezember 2011

Derbyfieber - Frankfurt und Bad Nauheim

Das einzig wahre hessische Eishockeyderby rückt näher. Zeit, an die besondere Beziehung zu erinnern, die die beiden Eishockeystandorte Frankfurt und Bad Nauheim verbindet. Vor 30 Jahren wurde die Eissporthalle in Frankfurt eröffnet und damit begann eine neue Zeitrechnung des Sports in Frankfurt, wenngleich dieser schon viel länger in der Mainmetropole betrieben wurde. Nach einem zweijährigen Gastspiel in der ersten Bundesliga Ende der 60er Jahre führte die Eintracht für die folgenden mehr als 10 Jahre ein Dasein als Fahrstuhlmannschaft zwischen zweiter und dritter Liga. Die Heimspiele trug man auf der Eisbahn in der Radrennbahn des Waldstadions aus, die knapp 10.000 Zuschauer, die hier einmal ein Bundesligaspiel gegen Köln besuchten, erreichte man in den folgenden Jahren oft in einer ganzen Saison nicht. Gleichzeitig mit diesem Dahindümpeln in den unteren Klassen unter freiem Himmel vor einer Handvoll Zuschauern, war der VfL Bad Nauheim eine feste Größe in der ersten Bundesliga, man spielte im überdachten, oft sehr stimmungsvollen Colonel-Knight-Stadion, erreichte mehrmals die Meisterrunde, stellte Nationalspieler. Allen voran natürlich Rainer Philipp, Legende weit über Hessen hinaus, einer der besten deutschen Stürmer aller Zeiten. Das Problem in Bad Nauheim war, wie überall im deutschen Eishockey, damals wie heute, daß Eishockey in Deutschland auf höchster Ebene nicht kostendeckend zu betreiben ist. Schon gar nicht in einer Kleinstadt, selbst wenn viele eigene Talente hochgebracht werden. So strich 1982 nicht nur der deutsche Rekordmeister Berliner Schlittschuhclub sondern auch der VfL Bad Nauheim die Segel und schied aus der Bundesliga aus, wobei allerdings auch der sportliche Abstieg am Saisonende stand. Die Eishockeyabteilung wurde aufgelöst, eine Neugründung in der untersten Liga erfolgte als EC Bad Nauheim. Die Eintracht nutzte derweil die Gunst der Stunde und nahm nach Verzicht mehrerer vor ihr platzierter Teams den angebotenen Platz in der damals eingleisigen 2. Liga wahr. In der nagelneuen Halle mit damals offiziell 5.500 Plätzen war damit plötzlich der höchstklassige hessische Eishockeyclub zu Hause. Nachdem bereits zuvor immer wieder Spieler aus Bad Nauheim nach Frankfurt gewechselt hatten, meist, weil sie in der Bundesliga nicht mithalten konnten oder wollten, kamen nun reihenweise aktuelle Bundesligaspieler, die sich noch zu stark für die Regionalliga fühlten, zur Eintracht und ermöglichten so die Zusammenstellung eines konkurrenzfähigen Kaders. Das wäre ohne die Bad Nauheimer Zugänge nicht so einfach möglich gewesen. Die Eintracht schaffte den Klassenerhalt, etablierte sich in der 2. Liga und wies auch in der Aufstiegssaison 1985/86 noch 8 Ex-Bad Nauheimer auf. Der neue Wetterauer Club schaffte in den Jahren nach 1982 sukzessive den Aufstieg bis in die 2. Liga, auch durch die Rückkehr vieler Stützen aus dem Frankfurter Exil. So waren die vielen leidenschaftlich geführten Derbys der 80er Jahre eigentlich auch immer Veteranentreffen ehemaliger Weggefährten, die einst mit-, dann gegen- und teilweise wieder miteinander spielten, durch die Wechsel hin und her (z.B. Jürgen Pöpel, Fauerbach, Müller). Das Frankfurter Eishockey wäre heute sicher nicht da, wo es ist (in der Popularität und als Eishockeystandort, ungeachtet der Ligazugehörigkeit), ohne die Bad Nauheimer Aufbauhelfer, welche teilweise jahrelang Stützpfeiler der Eintracht waren. Danke Bad Nauheim dafür und Respekt für jahrelanges tapferes Mitkämpfen im Konzert der ganz großen.
Mein erstes Spiel in Frankfurt war das Derby im November 1984 (3:3), das Mannschaftskapitän Helmut Keller (vorher Bad Nauheim) 30 Sekunden vor Schluß bei 6 gegen 3-Überzahl mit einem Hammer von der blauen Linie ausglich. Es war ein dramatisches, hartes Spiel, große Kulisse, phantastische Atmosphäre. Bill Lochead saß 17 Minuten in der Kühlbox! Damals waren die Nauheimer noch leichter Favorit, gewannen den direkten Vergleich in jener Saison, aber die Eintracht erreichte die Aufstiegsrunde und die Wetterauer mußten in die Abstiegsrunde. In der Folgesaison stieg dann die Eintracht in die erste Liga auf!

Die Mannschaft des VfL Bad Nauheim 1977-78, als die Welt hier noch in Ordnung war und sich im zugigen Waldstadion ein paar Dutzend Zuschauer von der Eintracht verloren. Wer möchte kann ja mal zählen, wieviele später auch für die SGE spielten.

Der gelernte Bäcker war für die Eintracht ein solider, robuster Verteidiger.

Bis zur Verpflichtung von Zankl, dem er schon in Bad Nauheim hatte weichen müssen, war er die Nummer 1 in Frankfurt, mußte in der Aufstiegssaison 38-jährig ins zweite Glied.

Von 1982 an, gemeinsam mit Jezy Potz, die Säule der Frankfurter Verteidigung. Kam nach dem Ausscheiden des VfL Bad Nauheim aus der Wetterau und blieb bis zum Karriereende. Leider in der Relegation 1986 mit Bänderriß im Knie zum Zuschauen verurteilt, der 34-jährige Kapitän hätte ein besseres Ende verdient gehabt.

In der letzten Nauheimer Bundesligasaison war er noch zweitbester Skorer hinter Bill Lochead, bei der SGE seit 1984, in der Aufstiegssaison im ersten Sturm neben Trevor Erhardt und Helmut Guggemos.

Urgestein des Rhein-Main-Eishockey, bereits in den 60ern in der ersten Liga für die Adlerträger auf dem Eis, dann zwischen Mannheim (zu deren Zweitligazeiten) und Bad Nauheim wechselnd, nach 1982 wieder zurück zur SGE, wo er noch jahrelang Leistungsträger war. Auch in seiner letzten Saison, als ältester Feldspieler, noch zuverlässiger Schütze wichtiger Tore.

Einer der Hauptgaranten für den Aufstieg. Die letzte Nummer 1 der Nauheimer Bundesliga-Ära, 1982 bis 85 bei den Kölner Haien, dann zur SGE. Bester Torhüter der 2. Liga und der Aufstiegsrunde 85-86, trotz illustrer Konkurrenten wie Sigi Suttner, Klaus Merk, Pepi Heiß, Jiri Crha u.a.

Nachdem er 84-85 eine ganz starke Saison gespielt hatte, beutelte ihn 85-86 das Verletzungspech, fiel mehrfach für einige Spiele aus, konnte deshalb nicht an die Leistungen des Vorjahres anknüpfen und spielte in der Relegation 86 nur eine kleine Rolle. Zuvor hatte er sich weder in Bad Nauheim noch in Mannheim als Erstligastürmer etablieren können.

Der Metzgersohn aus Sachsenhausen hatte wie viele andere in Bad Nauheim Bundesligaluft geschnuppert, ehe er, gemeinsam mit seinem älteren Bruder Ralf, für die Eintracht stürmte. Nach dem Aufstieg spielte er sogar neben Trevor Erhardt in der ersten Sturmreihe der SGE. Eigentlich für die erste Liga etwas zu schwach, war er nach dem Ende der Eishockey-Eintracht für die Löwen beim Wiederaufbau zur Stelle, erneut an der Seite von # 27, als erster Mannschaftskapitän in der Löwengeschichte. Leider viel zu früh einem Gehirntumor erlegen. 

Mittwoch, 23. November 2011

State of the Bundesliga: Magath äußert Sympathie!

Was muß passieren, damit Felix Magath, seinerseits einer der unangenehmeren, unnahbaren, humorfrei von oben herab abkanzelnden Zeitgenossen der Bundesliga, angibt, Sympathien für jemanden zu haben? Eine menschliche Tragödie. Eine von dem Ausmaß, daß Dr. Zwanziger, der ja seinen Laden ansonsten zunehmend weniger im Griff zu haben scheint, wieder eine seiner allgemein sehr gut ankommenden "wir müssen umdenken"-Reden halten mußte. Diese gehören sicher zu seinen großen Stärken, hier wirkt er echt. Leider erfüllen sie vor allem eine wertvolle Wohlfühl-Funktion für alle Mitspieler im System, die sich entspannt zurücklehnen können, weil ja mit dem Präsidenten das gute Gewissen des deutschen Fußballs gesprochen hat. Dann können alle bald weiter machen wie bisher, z.B. der nette Herr Slomka - zu dessen Ehrenrettung allerdings gesagt werden muß, daß der Platzverweis gegen Ya Konan wirklich fragwürdig war.
Der Schiedsrichter Rafati hat, aus bisher nicht bekannten Gründen versucht, sich das Leben zu nehmen. Das ist schlimm, ob es mit Fußball zu tun hat oder auch nicht. Es ist sehr bedauerlich, daß er nicht vorher Hilfe in Anspruch genommen hat, ein guter Psychotherapeut (oder Psychotherapeutin) kann Menschen, die unter seelischen Problemen leiden, helfen, hinter den Ursprung der Probleme zu kommen und diese zu lösen. Dabei handelt es sich zwar um einen langfristigen Prozeß, aber der kann Leben ändern und auch retten. Die in Fußballkreisen in Fällen psychischer Krisen oft erwähnten Lösungs- und Vorbeugemaßnahmen lassen diese Möglichkeit meist außer Acht. Herr Rafati steht jetzt, leider erst nach einer vor der Öffentlichkeit durchgemachten schweren Krise, vor einem solchen Prozeß. Führt man sich die Folgen seines Suizidversuches vor Augen, so kann man für ihn nur hoffen, daß er die Kraft, Zuversicht, Verantwortung und Selbstachtung, sowie das Vertrauen aufbringt oder findet, die er dazu brauchen wird.
Es geht eigentlich keinen etwas an, was Rafati passiert ist bzw. was er getan hat und wie er damit fertig wird, es ist bedauerlich, daß es auf diese Art und Weise bekannt wurde, es wird seine weitere Entwicklung möglicherweise nicht begünstigen.
Zu diesem Thema nur noch dieses: Was reitet eigentlich den Kicker, die Spieler anonym den schlechtesten Schiedsrichter wählen zu lassen? Und, ist es wirklich so schlimm? Muß das alles sein? Ist doch nur ein Spiel.
Zurück zu W.F. Magath. Aktuell in atemberaubender Geschwindigkeit auf dem Weg an die Spitze der Rangliste "unsympathischste Person im deutschen Fußball". So sinnlos wurde seit der Octagon/Dohmen-Ära kein Geld mehr verbrannt. Geld, das Magath mit seiner Mannschaft nicht wieder hereinspielen muß, Geld, das die jungen "up"-Käufer und die "Phaeton"-Fahrer (auch Bundestag und Landtage haben den im Fuhrpark) in die VW-Kassen spülen. Magath schafft das Kunststück, in sechs Monaten mehr Aktivitäten auf dem Transfermarkt zu entfalten als Freiburg, Mainz und Kaiserslautern zusammen in zwei Saisons (gefühlt, ich habe nicht nachgezählt). Transfers ohne jedes Augenmaß, weil es ihm egal sein kann, ob von zehn Einkäufen einer, drei oder fünf einschlagen. Die Gleichgültigkeit und Kaltschnäuzigkeit mit der er zu Werke geht ist so beeindruckend, daß der zuständige VW-Vorstand das ganze in der Winterpause nochmal wiederholen läßt. Also ich würde keinen VW mehr kaufen, vielleicht kann man damit diesem Wahnsinn eines Tages Einhalt gebieten. Toll, daß Ochs, Russ und Chris wieder gut dotierte Jobs bekommen haben, auch wenn den beiden Erstgenannten wohl auf lange Sicht eher die Ersatzbank denn das Rampenlicht der europäischen Fußballbühnen winkt. Es ist erst wenigen gut bekommen, die Eintracht zu verlassen, so sind schon viele Karrieren den Bach runter gegangen (Beweise: Feigenspan, Tobolik, Sippel, Falkenmayer, J. Andersen, Detari, Streit, Borchers; Ausnahmen: Nachtweih, Möller, mit Abstrichen Jones beim zweiten Mal, Berthold. Beide Listen sicher nicht komplett). Die Krönung der Magath'schen Umtriebe war sicher seine Wiedereinschleusung des Kyrgiakos in die Bundesliga. Dieser Steinzeitfußballer, den man eigentlich gar nicht als Fußballer bezeichnen dürfte, dieses ständige Ärgernis für einen jeden Liebhaber des Spiels, gegen den man in jedem Spiel zwei berechtigte Elfmeter verhängen könnte, dessen plumpe Gegner- und Ballbehandlung Mertesacker wie einen Nurejew in Stollenschuhen erscheinen läßt. Für was für einen Fußball steht eigentlich ein Trainer, der einen solchen Spieler holt? Magath geht den Weg vieler verbauchter Trainer vor ihm, er arbeitet nicht an seiner Mannschaft, nicht mit seiner Mannschaft, sondern gegen sie, entwickelt im Umgang mit den Spielern (und anderen) paranoide Züge und kauft neue Spieler, damit er mit denen die er hat nichts erarbeiten muß. Er setzt sich mit den Spielern nur insoweit auseinander, daß er sich von ihnen trennt. Ein neuer Lorant oder Coordes, nicht der langfristig wirkende Architekt. Wahrscheinlich kann er nicht mehr.
Was gibt es noch? Hat auch mit Wolfsburg und Magath zu tun. Ein richtig guter Innenverteidiger, dessen Fitness ich allerdings nicht beurteilen kann, wurde weggeschickt: Arne Friedrich -wieviele Mannschaftskapitäne hat Magath eigentlich schon abgesägt? Während andere Trainer an taktischen Finessen, Laufwegen, Verschieben usw. arbeiten, versucht Magath auf seine Mannschaften einzuwirken, indem er Kapitäne absetzt. Zurück zu Friedrich, dem in den letzten Wochen zweiten prominenten Spieler, der leugnet, homosexuell zu sein. Im Gegensatz zu Lahm allerdings, wurde er dazu durch eine Frage in einem Interview gedrängt. Laßt doch die Leute Fußball spielen und sie ansonsten in Ruhe. Wen interessierts? Was geht in diesen Journalisten vor, wie verstehen die eigentlich den Job eines Sport-Berichterstatters? Hat schon mal ein politischer Journalist Politiker gefragt, ob sie schwul seien, ein Kulturjournalist einen Schriftsteller?

Dienstag, 22. November 2011

Lost ground der Woche: Frankfurt Riederwald

Das erste Stadion am Riederwald, bis zur Zerstörung der Tribüne durch Bombentreffer 1943 die Heimat der SGE. Das Stadion war ganz in der Nähe des nach dem Krieg von der Eintracht bezogenen Areals.

Montag, 21. November 2011

Stadionalbum: deserted cities of the heart revisited

Nicht nur im Baseball gab es in der Vergangenheit herzzerreissende Standortwechsel, Verpflanzungen von Franchises an andere Orte aus wirtschaftlichem Interesse. Von den in dieser Kategorie aufgeführten Wechseln ist sicher der von den Brooklyn Dodgers der meistbedauerte, von den meisten Emotionen begleitete der gesamten Sportgeschichte der USA gewesen. Die anderen aufgeführten Wechsel betrafen häufig schlecht laufende Franchises, oft war die trauernde Fangemeinde überschaubar, zumal häufig ein übermächtiger Lokalrivale zum Umzug einer Mannschaft beitrug. Außerhalb des Baseballs gab es dieses Phänomen auch, oft dann, wenn eine Liga nach größeren Medienmärkten schielte, um höhere Einnahmen erzielen zu können. Dies führte im Eishockey z.B. dazu, daß Mannschaften in Sportart-fremden Gegenden angesiedelt wurden und dort nicht angenommen wurden. Eishockey in für Wintersport exotischen Gegenden in halbvollen Arenen hat im Nachhinein betrachtet der Verbreitung des Sports und seiner Popularität mehr geschadet als genutzt. Aber das ist ein Thema für sich.
Nachzutragen sind in der Rubrik "deserted cities of the heart" vor allem zwei relocations der NFL, die zumindest in einem Fall für ähnlich große Erschütterungen der einheimischen Fans geführt haben, wie bei den Dodgers: den Cleveland Browns, die eine sehr lange und auch erfolgreiche Tradition hatten.

Cleveland Municipal Stadium: für Baseball zu groß, im Football von knapp 80.000 Browns-Fans oft in eine der stimmungsvollsten Arenen der gesamten NFL verwandelt. Besitzer Art Model zog nach Baltimore um, weil er in Cleveland kein moderneres, komfortableres und damit besser vermarktbares Stadion bekam. Damit verlor die Liga einen Standort mit einer der breitesten und treuesten Fanbasen.

In diesem Stadion (hier in Baseball-Konfiguration) waren einst die legendären Baltimore Colts zuhause. Mehrfacher NFL-Meister, vor der Super-Bowl-Ära, blickten sie auf eine lange und ruhmreiche Geschichte zurück, als die Eigner Anfang der 80er Jahre für den Wechsel in die vormalige Football-Diaspora nach Indianapolis entschieden.

Sonntag, 6. November 2011

Stadionalbum Teil 16: Shapes of things

Wieviele verschiedene Möglichkeiten gibt es eigentlich, Zuschauerplätze um einen Sportplatz herum zu platzieren? Ich habe in meiner kleinen Sammlung einige Formen gefunden. Die Varianz ist natürlich auch nicht zuletzt auf unterschiedliche Sportarten und daher auch unterschiedliche Spielfeldformen zurückzuführen. Eine weitere Rolle spielen natürlich auch die Nachbarschaftsverhältnisse. Auf Baseballstadien habe ich bewußt verzichtet, diese hätten in ihrer Vielfalt den Rahmen gesprengt.


Spielfeld rund? Kein Problem, man baue einfach 12 einzelne Tribünen darum herum.

Maracana in Rio De Janeiro, einst über 200.000 Plätze. Das Spielfeld ist zwar rechteckig, das Stadion aber rund. Dadurch zwar sehr hohe Kapazität aber auch große Entfernung zum Spielfeld.

Platzmangel sorgt oft, wie hier in Curitiba (Brasilien) für einen etwas unvollendeten Gesamteindruck.

Das klassische Hufeisen gibt es nicht nur in den USA, auch das "Pacaembu" in Sao Paolo bedient sich dieser Form.

Die ovale Schüssel, hier turmhoch in die Höhe gebaut, ist auf der ganzen Welt anzutreffen, hier im "Morumbi" in Sao Paolo.

Sage und Schreibe 8 Ecken hat das städtische Stadion zu Nürnberg, durch sämtliche Umbaumaßnahmen hindurch wurde die ursprüngliche Form seit 1928 beibehalten - im Gegensatz zum Stadionnamen.

Weder eckig, noch oval, eher ein Mix aus beidem, das gigantische Michigan Stadium, rund 109.000 Plätze, überwiegend in den Boden eingelassen.

Nichts Halbes und nichts Ganzes, von allem ein bischen.

In den USA oft anzutreffen, die einander gegenüber liegenden Tribünen, flach ansteigend, nicht gestuft. Viele Stadien dieser Form wurden später an den Endzonen mit weiteren Tribünen versehen und geschlossen (z.B. Tampa Stadium)

Aloha Stadium gibt es in unterschiedlichen Konfigurationen, da die Tribünen teilweise mobil sind.

Ebenfalls 8-eckig, durch den zweiten Rang deutlich höher als Nürnberg. In den USA ist das Achteck nicht so ausgefallen wie in Deutschland.

Die Geraden turmhoch, die Endzonen niedriger. Im Hintergrund besagtes Tampa Stadium, altes und neues Stadion der Buccaneers auf einem Bild.

An jeder Spielfeldseite eine einzelne Tribüne, typisch englisch aber auch andernorts anzutreffen. Dies sind in der Regel die stimmungsvollsten Stadien.

Die Grundform oval, weder ein durchgehendes Dach, noch unüberdachte Kurven, dazu gänzlich asymetrisch angebrachte Flutlichtmasten.

Mittwoch, 2. November 2011

Stadionalbum Teil 15: The Horseshoe

Es ist die klassische, an die Ur-Gestalt des Stadions der Antike angelehnte, Form. Nicht umsonst sind die hier abgebildeten Stadien teilweise die ältesten (größtenteils) noch genutzten Footballstadien der USA, überwiegend entstanden in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Dem geneigten Betrachter wird auffallen, daß nur zwei NFL-Stadien vertreten sind, das legendäre "Mile High Stadium" in Denver, inzwischen durch ein hochmodernes Stadion ersetzt, und das Stadion in San Diego, das die längste Zeit unter dem Namen "Jack Murphy Stadium" firmierte und das inzwischen so ausgebaut wurde, daß die ursprüngliche Hufeisenform nicht mehr erkennbar ist.

Athens, Sanford Stadium, University of Georgia. 1929 eröffnet, 92.746 Plätze.

Cambridge (Massachusets), Harvard Stadium. 1903 eröffnet, 30.898 Plätze. Harvard spielt in der "Ivy-League", der Universitätsliga, in der die ältesten Universitäten der USA gewissermassen außer Konkurrenz ihren Wettbewerb austragen. Allesamt Unis, an denen der akademische Standard weitaus höheren Stellenwert als der athletische besitzt. Aus diesen Unis geht äußerst selten ein Profispieler hervor, aber die Absolventen können lesen und schreiben und meist noch viel mehr.

Cincinnati, Nippert Stadium. 1924 eröffnet, 35.097 Plätze. Auch die NFL-Bengals spielten vorrübergehend hier.

Columbus, Ohio Stadium. Heimat der Ohio State University. 1922 Eröffnet, 102.329 Plätze.

Zeitgenössische Abbildung von Ohio Stadium (s.o.)

Denver, Mile High Stadium. 76.273 Plätze, eröffnet 1948, Heimat der Broncos von 1960 bis 2000.

Los Angeles Memorial Coliseum. Eröffnet 1923, zweimal Olympia-Schauplatz und Heimstadion der University of Southern California. Kapazität aktuell 92.000, Rekord 104.953.

Purdue University. Eröffnet 1924, 62.500 Plätze.

Madison, Camp Randall Stadium, University of Wisconsin. 1917 eröffnet, 80.321 Plätze.

Lawrence, University of Kansas, Memorial Stadium. 1921 eröffnet, 50.071 Plätze.

Miami, Orange Bowl, University of Miami. 1937 eröffnet, 74.476 Plätze. Inzwischen abgerissen.

Nashville, Vanderbilt Stadium. 1922 eröffnet, 41.000 Plätze.

Philadelphia, Franklin Field, University of Pennsylvania. Eröffnet 1895 (!), 52.593 Plätze.


San Diego Stadium alias Jack Murphy Stadium, heute unter irgendeinem Firmennamen (Qualcomm oder schon ein anderer) bekannt. 1967 eröffnet.

Samstag, 22. Oktober 2011

Stadionalbum Teil 14: Rule Britania, Glanz und Elend des Mutterlandes des Fußballstadions

Birmingham, Villa Park - zwar modernisiert, aber noch klassisch. Villa spielt hier seit 1897, Zuschauerrekord 76.588!

Ipswich, Portman Road - ganz klassisch englisch, Abbildung vor 2000. Ipswich Town spielt seit 1888 hier.

Leeds, Elland Road - nichts halbes, nichts ganzes, aber anno 1997 sind noch die alten Wurzeln erkennbar. Rekordbesuch hier 57.892.

Middlesbrough, Ayresome Park - letztes Ligaspiel in diesem wunderschönen Stadion am 30.04.1995, Zuschauerrekord hier 53.596!

Newcastle, St. James' Park - Ursprünglich mit ungewöhnlicher Haupttribüne (runder Dachgiebel, angelehnt an das Markenzeichen des großen britischen Stadionbaumeisters Archibald Leach), heute (Bild 2001) unansehlich unproportioniert. Rekord 68.386

Norwich, Carrow Road - immer noch schöner als die meisten deutschen Stadien

Ort und Name siehe oben - Der Klub spielt nach wie vor hier, das Stadion ist heute nicht wieder zu erkennen. Kaum vorstellbarer Zuschauerrekord hier 51.385






Von 1895 bis 1997 die Heimat der Bolton Wanderers. Hier bedeuteten einst 69.912 Zuschauer den Rekord

Sheffield, Hillsborough. Sheffield Wednesday sind hier seit 1899 zu Hause, der Zuschauerrekord liegt bei 72.841. Hillsborough steht für eine Zeitwende im englischen Stadionwesen: der tragische Tod von 96 Fans bei der Stadionkatastrophe vom April 1989 zog den Taylor-Report nach sich. Dessen Untersuchungsergebnisse führten zur Abschaffung von Stehplätzen in England.