"if you can't beat them in the alley, you can't beat them on the Ice" - (Conn Smythe) Aus dem Poesiealbum der Broad Street Bullies, der deutschen Nationalmannschaft gewidmet!

Dienstag, 28. April 2015

Homes of Hockey, Teil X: Madison Sq. Garden (III)

Der legendäre MSG III: eine der legendären, sogenannten "Original Six Arenas". Allerdings war die ursprüngliche Heimmannschaft in dieser knapp 18.000 Zuschauer fassenden Halle nicht das ein Jahr nach Eröffnung gegründete Team der New York Rangers, sondern die inzwischen fast vergessenen New York Americans. Die Americans waren zwar sportlich nicht sehr erfolgreich, zogen aber beim Publikum so gut, daß der Garden-Besitzer auch ein NHL-Team wollte und auch bekam. Die Rangers bekamen fortan oft vorteilhaftere Anspielzeiten und liefen den Amercs bald den Rang ab, woraufhin deren Besitzer nach Aufgabe seiner Franchise einen Fluch aussprach, demzufolge die Rangers solange er lebe keinen Stanleycup mehr gewinnen würden. Der Fluch erfüllte sich und die Rangers mußten nach 1940 jahrzehntelang auf ihren nächsten Titel warten. Diese Durststrecke überdauerte nicht nur den ehemaligen Amercs-Besitzer sondern auch die Arena, die 1968 ihre Tore für immer schloß. Erst 1994 in der vierten Inkarnation des Madison Square Garden holten die Rangers wieder den Pokal. Kurios: MSG III war jahrelang auch Winterquartier eines Zirkus, so daß einem in den Katakomben auch Löwen und Elefanten begegnen konnten!

Montag, 27. April 2015

Trauer um Wacki Kretschmer

Horst-Peter "Wacki" Kretschmer ist tot. Für mich einer der besten deutschen Verteidiger der 70er und 80er Jahre. Wenn die herausragenden Spielerpersönlichkeiten des deutschen Eishockey der 70er und 80er Jahre gehandelt werden, so fallen den meisten zunächst Namen wie Udo Kießling, Erich Kühnhackl, Alois Schloder, Gerd Truntschka, Didi Hegen, Uli Hiemer oder Ernst Höfner ein. Vielleicht auch der eine oder andere Name aus dem 76er Olympiateam, wie Rainer Philipp, Lorenz Funk, Ignaz Berndaner zum Beispiel. Nimmt man die sportliche Qualität der Genannten und einiger weiterer ihrer Zeitgenossen, so steht ihnen Wacki Kretschmer in nichts nach. Klar, Udo Kießling war immer eine Klasse für sich, aber ich siedele Kretschmer gleich dahinter an. Er vereinte exzellentes läuferisches Können, Dynamik, Spielmacherqualitäten, guten, harten Schuß, aber auch eine Neigung zum Leichtsinn, große - nicht immer gesunde - Härte und hier und da auch etwas schmutziges Spiel. So schieden sich landauf landab die Geister an ihm und er sorgte manchmal nicht nur bei den Gegnern für ungläubiges Kopfschütteln. Seine Vereinskarriere führte das Ausnahmetalent nach zwei Lehrjahren bei seinem Heimatverein EC Bad Tölz 1974 (knapp 19-jährig!) zur Düsseldorfer EG, wo er gleich in seinem ersten Jahr den Meistertitel feiern konnte. Er gehörte einer legendären Mannschaft an, zu der auch Rainer Makatsch, Peter Hejma, Vladimir Vacatko, Walter Köberle, Wolfgang Boos, Otto Schneitberger gehörten. In Düsseldorf blieb er sieben Jahre, ehe er 1981 nach Rosenheim wechselte. Wieder konnte er in seinem ersten Jahr gleich einen Meistetitel feiern, dem noch zwei weitere mit dem SBR folgen sollten. 1985 war er Kapitän einer großen Rosenheimer Mannschaft mit Karl Friesen, dem rein deutschen Paradesturm Reindl-Höfner-Franz, den Shooting-Stars Ahne-Berwanger-Kammerer u.a. Einer sehr erfolgreichen und langen Vereinskarriere steht eine, gemessen an seinem sportlichen Potential, durchwachsene Nationalmannschaftskarriere gegenüber. Das lag nicht nur an der Sturheit des großen Xaver Unsinn, der mit seinen Entscheidungen oft Erfolg und damit auch Recht hatte. Unsinn traute dem hochbegabten Bruder Leichtfuß nicht immer über den Weg, ein Mißtrauen, das Kretschmer leider oft genug durch überflüssige, "dumme" Strafzeiten bestätigte. Er war eine Art Jeckyl & Hyde, bzw. halb Bobby Orr, halb Hanson Brothers. Kretschmer stand im erweiterten Aufgebot für Olympia und WM 1976, durfte jedoch nicht mit nach Innsbruck, so daß er nicht zu dem erlauchten Kreis der - wahrscheinlich für immer - einzigen Medaillen-Gewinner zählt. Sportlich hätte er es sicher verdient gehabt, der Legende zufolge habe ein Versehen, ein Formfehler, dazu geführt, daß Franz Reindl statt seiner ins Aufgebot rutschte. Auch der ihm vorgezogene sechste Verteidiger Metz (vom Unsinn-Club Berliner SC) war sportlich eher schwächer einzustufen. Insgesamt spielte Kretschmer für Deutschland bei 9 Weltmeisterschaften, erstmals 1974 mit 18 Jahren, dann 1975, 1976, 1977, 1978, 1981, 1982, 1986 und 1987. Nachdem ihm Innsbruck 1976 versagt geblieben war, vertrat er Deutschland immerhin zweimal bei olympischen Spielen - jeweils in Übersee. Waren die Spiele in Lake Placid aus deutscher Sicht verkorkst, so bildete Calgary 1988 einen schönen Abschluß der internationalen Karriere, da die Mannschaft von Xaver Unsinn einige begeisternde Spiele lieferte. Lange, nachdem mir sein Name durch die Fernsehübertragungen der WM-Turniere der 70er Jahre ein Begriff geworden war und nachdem ich so manches über ihn gelesen hatte, hatte ich nach dem Bundesligaaufstieg der Eintracht das Glück, Horst-Peter Kretschmer mehrmals mit dem SB Rosenheim live in Frankfurt zu sehen. Ich freute mich jedesmal auf diese Begegnungen, weil "Wacki" zu den wenigen gegnerischen Spielern gehörte, deren Fan ich war.    

Sonntag, 19. April 2015

Fußballdeutschland zwischen 28. und 29. Spieltag - Der galoppierende Schwachsinn regiert wieder

Wo soll man anfangen?
Ein leitender Angestellter (Klopp) sondiert den Markt, will sich verbessern. Obwohl sein Leistungsnachweis der jüngeren Vergangenheit eher mässig war. Na und? Die Vereinsverantwortlichen (Watzke und Zorc) treten darob auf der Pressekonferenz auf, als hätten sie sich auf eine Trauerfeier verirrt. Mehr Trauer denn Feier. Erstickte, versagenwollende Stimmen, feuchte Augen. Wie gesagt, als wäre jemand gestorben. Dem Verhalten nach mindestens geliebte Ehefrau oder Kind.
Warum? Weil sie die Chance bekommen, sich von einer überlebensgroßen Figur zu emanzipieren und ihren Verein zurückbekommen? Oder weil er zu einem besseren, d.h. reicheren Verein gehen kann und sie da bleiben müssen?
Die Fußball- und Medienpersönlichkeit Klopp hatte 2006, damals noch Trainer eines Provinzclubs, während der WM als Fernsehexperte und Fußballerklärer die ganze Nation begeistert und bereichert. Und eine exzellente, bis heute nachwirkende Bewerbung in eigener Sache abgeliefert. Er ist seither nicht nur wegen seines guten Sachverstandes bekannt, sondern besticht auch durch eine Rhetorik, die ihn aus der Masse der Volksschulabsolventen und Fußballkarrieristen deutlich abhebt. Während viele andere heutige Trainer neben ihrer Profispielerkarriere hauptsächlich mit dem gelegentlichen Lesen der Springerpresse, Fernsehen und Spielerfrauen beschäftigt waren, spielte Klopp einige Jahre Amateurfußball, beschäftigte sich wohl auch mal mit fußballfremden und herausfordernderen Themen und studierte sogar (o.k. Sport, aber immerhin hat er einen Schulabschluß, der das ermöglichte). So geriet sein Medienimage zu dem des intelligenten und doch kumpelhaft-jovialen, der immer für eine ironische Pointe gut war, sein Stil mit doppelten und dreifachen Verneinungen, Verkleinerungen u.ä. kam gut an. Er schien auch immer selbst bestimmen zu können, wie die öffentliche Meinung über ihn sein sollte. Darin war er so gut, daß man ihm sogar den Irren an der Seitenlinie, der er auch ist, nachsah. Ein Vorbild für aggressive Übergriffe gegenüber Offiziellen im Jugend- oder Amateurfußball? Ich doch nicht. Nur weil ich mich vor denen aufbaue und sie aus 5 cm Entfernung niederbrülle? Nein, wirklich nicht, bin doch so intellig- und eloquent.
 Das scheint bis heute, da unsere Medien gerade im Fußball, sich auch gerne  einlullen lassen und als abhängiger Teil des Geschäftes längst von kritischem Hinterfragen entfernt sind, zu funktionieren. Nur wenige scheinen bisher gemerkt zu haben, daß ein Blick hinter die Fassade auch Grenzen bloßlegt. In Mainz wie in Dortmund war Klopp bald größer als der Verein, ein größerer Star als jeder Spieler (in Mainz keine Kunst). Und als er ging, fiel kaum jemandem auf, daß er mit seinem Latein am Ende war.
Wenn man allerdings die Kirche im Dorf läßt, dann kann man auch sagen, daß es nichts besonderes ist, wenn ein Trainer bei ausbleibenden Erfolgen eine neue Aufgabe sucht. Aber es ist halt Klopp, der "larger than life"-Trainer.

Derweil zeigen sich in München auch schon erste Risse. Es deutet sich zart an, was es heißen kann, wenn sich ein Club mit Leib und Seele einem Trainer ausliefert, der nur ein System kann. Hat man - Parallele zu Klopp - auch schon bei seinem vorherigen Verein in der Endphase gesehen. Mit Leib und Seele heißt auch, daß man es geschehen läßt, daß der gute alte Mannschaftsarzt, dieser Jürgen Drews mit Arztkoffer, selbigen packt und den Verein verläßt. Und daß man es nötig hat, einen Matthias Sammer stellvertretend für einen Verein, der zu den größten und besten der Welt gehören möchte, vor Kameras und leider auch Mikrophone treten zu lassen. Der dann im Namen des FC Bayern München seine nur schwer erträgliche Sicht der Dinge und des Spieles verbreiten darf - natürlich weitgehend unwidersprochen. Und was er nicht schafft, das erledigt in bewährter Manier K.H. Rummenigge. Wie viele gute Leute darf er noch mit seiner Stil-, Instinkt- und Taktlosigkeit wegekeln, wieviel Porzellan im Namen des FCB noch zerschlagen? Sein Kerbholz wird immer voller (goldene Uhren und Gemeinmachen mit den Scheichs, Hitzfeld, Ballack, Kroos usw. usf.).


Montag, 13. April 2015

Frankfurter Eishockey vor 30 Jahren

Die aktuelle Eishockeysaison der Löwen ist bedauerlicherweise zu Ende gegangen, gegen einen sehr starken Gegner, von dem ich vor Spiel 6 der Halbfinalserie vergebens gehofft hatte, er hätte jetzt mal sein Scheiben- und Schiri-Glück aufgebraucht. Bremerhaven war übrigens in der ersten Saison der Eishockey-Eintracht in der 2. Bundesliga, 1982/83 ebenfalls Mitglied der Liga und überdies eine Station in der Karriere von Elias Vorlicek, bevor er am Ratsweg anheuerte. Hier ein Blick in die schon etwas länger zurückliegende Vergangenheit des Frankfurter Eishockey:
Nachdem mit der Eröffnung der Eissporthalle am Ratsweg 1981 eine neue Zeitrechnung im Frankfurter Eishockey begonnen hatte, hat die Eintracht 1985 ihre dritte Saison in der zweiten Bundesliga in Folge abgeschlossen.
Die Saison 1984/85 wurde mit dem Erreichen der Bundesliga-Relegation anständig beendet. Ohne Ambitionen auf einen Aufstieg in die 1. Bundesliga gestartet, bedeutete die Qualifikation für diese Aufstiegsrunde den sicheren Klassenerhalt für die Eintracht. Die 2. Bundesliga Nord war in dieser Saison mit 8 Mannschaften ins Rennen gegangen, es wurde, um genug Heimspiele und somit Einnahmen zu gewährleisten, eine Dreifachrunde gespielt. Das bedeutete leider einen etwas zähen Verlauf, da man nicht nur sechs Derbys gegen Bad Nauheim (und auch sechs gegen Kassel) hatte, sondern leider auch sechsmal auf die weniger attraktiven Herne und Braunlage traf und dreimal nach Berlin reisen mußte. Der BSC Preußen Berlin war auch der große Ligafavorit, man wollte zu gerne aufsteigen und an die ruhmreiche Tradition des Rekordmeisters Berliner SC anknüpfen, der 1982 eine der zahlreichen Pleiten im deutschen Eishockey hingelegt hatte und aus dem Profibereich verschwunden war. Die Preußen gewannen dann auch die Staffel, überraschend knapp vor dem Krefelder EV (Namensgleicher Nachfolgeclub eines weiteren in den 70ern sehr erfolgreichen Clubs, der Konkurs hatte anmelden müssen). Die Eintracht als 3. und der Duisburger SC komplettierten die Teilnehmer an der Relegation aus der Nordstaffel. Aus dem Süden nahmen der SV Bayreuth, Augsburg, Füssen und Bad Tölz teil, hinzu kamen aus der 1. Bundesliga der SC Riessersee und der EHC Essen-West, der unter eher fragwürdigen Umständen im Vorjahr in die 1. Bundesliga aufgestiegen war und eine klägliche Vorstellung in der Erstklassigkeit abgegeben hatte, gewissermassen das Tasmania Berlin des Eishockey. Die Eintracht hielt ganz passabel mit, schloß die Runde mit 18:18 Punkten auf Rang 7 ab, punktgleich mit Krefeld und Duisburg, 2 Punkte hinter den viertplatzierten Essenern.
Dabei war auch schon mal ein Hauch vom großen Eishockey in Frankfurt zu spüren, der SC Riessersee kam mit den deutschen Eishockeylegenden Ignaz Berndaner und Martin Hinterstocker, beide Bronze-Helden von Innsbruck, ersterer einer der besten deutschen Verteidiger der letzten 10 Jahre, der Deutschland auch bei der einzigen Canada-Cup-Teilnahme 1984 vertreten hatte, der andere ein sagenumwobener Torjäger der 70er Jahre, der einmal 78 Tore in einer Bundesligasaison erzielt hatte. Gleich im ersten Spiel der Relegation traten sie, im Verbund u.a. mit Ron Fischer und Ralph Krüger, am Ratsweg vor einem erwartungsvollen Publikum an - und fegten eine überforderte Eintracht mit 7:2 vom Eis. Riessersee wurde denn auch souverän erster der Relegation, knapp vor dem Überraschungsaufsteiger Bayreuth, der den Berlinern das Nachsehen gab, u.a. auch, weil die Eintracht den Preußen am Ratsweg eine Niederlage bescherte.
Insgesamt war man am Ende der Saison in Frankfurt nicht unzufrieden mit dem Erreichten. Betrachtet man den Kader der Saison 1984/85, so mußte man auch zu der Erkenntnis kommen, daß mit dieser Truppe nicht mehr drin war. Das Aufgebot war auch zahlenmässig knapp bemessen, so daß kaum Spielraum für Verletzungen bestand. Man stützte sich auf den schon etwas in die Jahre gekommenen Dieter Jehner im Tor, ohne einen zweitligaerprobten Ersatz parat zu haben. Der Bad Nauheimer Routinier machte seine Sache denn auch sehr ordentlich und hielt - besonders wichtig - trotz seiner bereits 36 Jahre körperlich durch.
In der Anwehr standen mit Mannschaftskapitän Helmut Keller, Jerzy Potz, Werner Jahn, Peter Gehrmann und Gerhard Schaaf fünf Verteidiger zur Verfügung, wobei Schaaf eigentlich gelernter Stürmer war, der auch aufgrund seiner hünenhaften Statur auserkoren worden war, in der Abwehr auszuhelfen.
Fünf Verteidiger für 60 Saisonspiele! Will man diese Abwehr charakterisieren, so gehörten Keller und Jahn sicher zu den besten deutschen Verteidigern der 2. Liga, auch wenn beide ihre besten Jahre hinter sich hatten, Gehrmann und Schaaf repräsentierten solides Zweitliganiveau und hatten immerhin auch Erfahrung in der ersten Liga gesammelt. Herausragender Verteidiger, auch über Frankfurt hinaus, war ohne Zweifel Jerzy Potz, in seiner polnischen Heimat ein Eishockeydenkmal. Er war läuferisch eine Augenweide, technisch und spielerisch überragend, defensiv wie offensiv gleichermassen wertvoll und spielte nahezu körperlos, kam ohne Härte aus. Zwar räumte er auch ordentlich vor dem eigenen Tor auf, aber immer den Kopf oben haltend, immer sauber, immer fair. Obwohl oder weil ihm seine imponierende Statur und Fitness auch ein rauheres, einschüchterndes Auftreten erlaubt hätten. Keller und Potz waren bereits seit Beginn der Zweitligazugehörigkeit bei der Eintracht.
Vorne wies die Eintracht 10 nominelle Stürmer auf, es reichte also gerade für drei Sturmreihen, wenn alle Mann an Bord waren. Was bei den 60 Saisonspielen naturgemäß nicht immer klappte. Dabei setzte man auf eine Mischung aus jung (Erhardt, Ziesch, Zimlich, Merkel, Hartfuß) und alt (Schoof, Vorlicek, Kessler, Münch), ein bischen kanadisches Element (Erhardt, Münch, Roedger) und viel Eishockey made in Hessen. Schoof, Zimlich, Ziesch, Hartfuß, Kessler, Merkel hatten alle in Frankfurt oder Bad Nauheim das Eishockeyspielen erlernt. Offensiv stützte sich die Eintracht in erster Linie auf Erhardt, Vorlicek und Münch, dahinter sorgten noch Schoof und Ziesch, der in dieser Saison den Durchbruch zu schaffen schien, zuverlässig für Tore und Punkte, sowie mit Abstrichen auch Peter Roedger. Danach kam nicht mehr viel. Nun waren Minikader in der zweiten Liga in jenen Jahren durchaus üblich, nur wenige Teams verfügten über einen größeren Stamm als vier Verteidiger und drei Sturmreihen, die noch annähernd das Liganiveau erreichten.
Den Verantwortlichen war klar, daß man, wollte man höhere Ziele erreichen, den Kader qualitativ und quantitativ verbessern mußte. Irgendwann in absehbarer Zeit sollte es mit der modernen Halle und dem wachsenden Publikumsinteresse dann doch die erste Bundesliga sein.
Also trennten sich die Macher Günter Herold und Jorma Siitarinen überwiegend von Akteuren, von denen man sich keine positiven Impulse mehr erhoffte. Verteidiger Jahn, der wegen Verletzung fast die halbe Saison verpasst hatte, wagte die Rückkehr nach Mannheim in die erste Liga, wo er 1980 zusammen mit Elias Vorlicek Meister geworden war. Die anderen Abgänge konnte man leichter verschmerzen. Merkel schien sein Potenzial ausgeschöpft zu haben, Hartmut Kessler, bundesligaerprobt und früherer Kapitän beendete seine Karriere und Peter Roedger hatte in der abgelaufenen Saison enttäuscht, war teilweise sogar vom eigenen Anhang ausgepfiffen worden. Lopetuso war ohnehin nicht über eine Statistenrolle hinausgekommen, mit ihm plante man auch nicht weiter.



Scoringsheet der Saison 84/85. Erhardt war drittbester Scorer der Liga, Potz und Keller unter den Top 10 der Verteidiger. Mit Münch, Vorlicek und Ziesch noch drei weitere Scorer mit einem Punkteschnitt über 1,0, Schoof knapp darunter, insgesamt eine solide aber nicht herausragende Offensive. Das sollte sich ändern!


Es verblieben also:
Tor: Dieter Jehner und Oliver Schulz;
Verteidigung: Helmut Keller, Jerzy Potz, Peter Gehrmann und Gerhardt Schaaf, der eigentlich Stürmer war;
Angriff: James Münch, Bernd Schoof, Stefan Zimlich, Elias Vorlicek, Christian Ziesch, Ralf Hartfuß und Trevor Erhardt.
Fürs Erste ganz gut aber dieses Aufgebot schrie nach Ergänzung, numerisch und qualitativ.
Für den Kader 85/86 sollte ein stärkerer Torhüter her, am besten aus der ersten Liga. Für die Verteidigung mußte ein gleichwertiger Ersatz für Jahn her, also auch aus der ersten Liga. Im Angriff sollten es ebenfalls Spieler sein, die mindestens gehobenes Zweitliganiveau garantierten, d.h. auch hier am günstigsten solche, die schon in der ersten Bundesliga gespielt hatten. Insgesamt also größere sportliche Ausgeglichenheit und ein größerer Kader als Hausaufgaben für Günter Herold und Jorma Siitarinen. Wie gut sie diese Aufgaben erledigten, ist ein eigenes Kapitel Frankfurter Eishockeygeschichte. Davon später mehr.

Montag, 6. April 2015

Eishockey-Deutschland trägt Trauer!

Der EV Füssen! Ein Verein, der jahrzehntelang Spitzenniveau aus dem eigenen Nachwuchs heraus generieren konnte, damit auch die Nationalmannschaft, ja die ganze Bundesliga, immer wieder mit erstklassigen Spielern versorgend, 16 Meistertitel, ein einstmals in einen Waldhang hinein gebautes Stadion, in das mehr Zuschauer passten als der Ort Einwohner hat. Xaver Unsinn, Markus Egen, Ernst Trautwein, Helmut Zanghellini, Ernst Köpf, Paul Ambros, Bernd Kuhn, Waitl, Völk, Thanner, Toni Kehle, Uli und Hans-Peter Egen, Jörg und Uli Hiemer, Mörz, Holzmann, Eggerbauer, Jahn, Hoppe, die Brüder Guggemos, Toni Forster ... . Die ganze Eishockey-Bundesliga hätte ein anderes Gesicht gehabt, wenn es die Füssener nicht gegeben hätte. Und dieser Club geht nun womöglich in die Viertklassigkeit, falls dort ein Fortbestand überhaupt möglich ist.
Wer also demnächst in dieser herrlichen Region Urlaub macht oder sonstwie vorbeikommt, der sollte an den Kobelhang fahren (an der Kemptener Straße) und eine Gedenkminute einlegen für einen Club, dem das deutsche Eishockey so unendlich viel zu verdanken hat.


So sah es am Kobelhang aus, wenn Spitzeneishockey geboten wurde. Auch Länderspiele fanden hier statt, u.a. Qualifikationsduelle mit der DDR-Auswahl um das Olympiastartrecht.
Das gleiche Stadion, aber seit ca. 1963 mit Dach über der Eisfläche, wodurch sich die Kapazität auf nur noch ca. 7.000 verringerte. Selbst das ist für einen Ort mit damals etwa 12.000 Einwohnern ziemlich viel, aber Eishockey zog in seiner natürlichen Umgebung einer Wintersportregion damals noch die Leute an.
 


Das waren noch Zeiten: 1978 gab es noch erstklassiges Eishockey in Füssen, einer Gemeinde mit etwa 14.000 Einwohnern. Wie in all den Jahren zuvor vor allem dank der exzellenten Nachwuchsarbeit des Clubs, dem das deutsche Eishockey so viel verdankt. Aber es ging bereits deutlich bergab mit den Allgäuern. Fünf Jahre vor Entstehung dieses Mannschaftsbildes war letztmals ein deutscher Meistertitel geholt worden, der 16. für den Club und der letzte, den ein Team ohne ausländische Spieler gewinnen konnte. Nach 1973 wurden die Platzierungen der Füssener stetig schlechter, die anderen Clubs, insbesondere die aus den größeren Städten in NRW und der Berliner SC konnten ihre mangelhafte Nachwuchsarbeit durch Einsatz günstig verpflichteter Ausländer kompensieren, die dank etlicher Schlupflöcher in den Satzungen nicht die Ausländerkontingente belasteten.

Auch 1979 hielt man noch die Klasse, die Spitzenplätze waren jedoch in weite Ferne gerückt. Diese Mannschaft hier weist immerhin einige große Namen und interessante Spieler auf. Z.B. die Hiemer-Brüder, deren jüngerer der erste deutsche NHL-Profi werden sollte (den einen Auftritt von Udo Kießling in Minnesota kann man da wohl nicht zählen). Und er hätte es bei einem anderen Club oder wenigstens unter einem anderen Trainer auch sicher zu einer längeren Karriere in Nordamerika bringen können. Daneben sind auch die Nationalspieler Uli Egen, sein Bruder Hans-Peter, Jochen Mörz und ein noch sehr junger Georg Holzmann im Kader. Nicht zu vergessen natürlich Alexander Groß aus der Frankfurter Aufstiegsmannschaft von 1986, ein vielfacher Nachwuchsnationalspieler. Kapitän der Füssener anno 1979? Der damals erst 22-jährige Toni Forster.

Der letzte Bundesliga-Kader des EV Füssen, Saison 1982/83. In einem letzten verzweifelten Aufbämen vollzog man ein wirtschaftliches Wagnis in der Verpflichtung von Gerhard Kießling als Trainer und seines Sohnes Udo, damals wohl der teuerste deutsche Verteidiger. So teuer, daß er ein mögliches Engagement in der NHL abgelehnt hatte, weil in Deutschland damals mehr zu verdienen war. Die Sache ging schief, während der Saison verliessen beide das sinkende Schiff. Neben der lebenden Legende Ernst Köpf, 1982 aber schon 42 Jahre alt, konnte man immer noch mit Völk, Holzmann, Mörz, Hans-Peter Egen und Beppo Schlickenrieder namhafte Akteure ins Rennen schicken, aber die Mischung stimmte nicht, die Jungen waren nicht mehr so konkurrenzfähig wie ihre Vorgängergenerationen. Und es fehlte das Geld für Importspieler. Die "Eishockeydeutschen" aus Kanada oder Osteuropa, die seit Mitte/Ende der 70er die Liga überschwemmten machten um die wirtschaftsschwache Provinz einen Bogen. Mit Füssen verlor die Bundesliga ihren gößten Talentschuppen und ein großes Stück Eishockeytradition. Es verblieben dann nur noch Riessersee und mit Abstrichen, was die Bedeutung und historische Dimension betrifft, Landshut. Wie anachronistisch leider der Aufenthalt in der ersten Liga für Verein und Gemeinde war, zeigt auch, daß selbst 1982 noch ohne Trikotsponsor posiert wurde.