"if you can't beat them in the alley, you can't beat them on the Ice" - (Conn Smythe) Aus dem Poesiealbum der Broad Street Bullies, der deutschen Nationalmannschaft gewidmet!

Freitag, 7. Juni 2013

Aufrichtiges Mitgefühl, OFC

Was für ein Jammer! Langjährige Mißwirtschaft und ein (nicht nur wirtschaftlich) mißglückter Stadionneubau scheinen das Ende der Offenbacher Kickers als Teilnehmer am Profifußball herbeigeführt zu haben.
Die einen sagen, die Verantwortlichen seien genau informiert gewesen, was sie beim DFB einzureichen und nachzuweisen gehabt hätten und was nicht, sie hätten sich dumm gestellt in der Hoffnung, es würde irgendwie gut gehen. Die anderen sagen, sie hätten eigentlich alle geforderten Leistungen und Nachweise erbracht, nur ein bisschen anders, mit etwas Goodwill hätte der DFB die Unterlagen abnicken können. Es war also entweder Naivität (gar Dreistigkeit?) des OFC-Vorstandes oder wieder einmal der böse DFB. Schon hebt das Gemurre an, andere (z.B. aus Rheinland-Pfalz) betrögen seit zehn Jahren, Dortmund und die Eintracht seien damals vom DFB ganz anders behandelt worden etc. Das können andere sicher besser beurteilen als Fans von Kickers und der Eintracht (die ja von manchen Offenbachern sowieso nur als "Lizenzbetrüger" tituliert wird).
Schade ist es so oder so, ein Verein wie die Kickers hat das Potential, sich mit 10.000 bis 15.000 Zuschauern in der zweiten Liga zu etablieren, wenn man die eigenen Möglichkeiten realistisch einschätzt und das beste daraus macht. Man müßte sich halt auf das besinnen, was den Club ausgezeichnet hat. D.h. intensive Nachwuchsförderung und Talentsichtung in der Region, auf eine Rolle als Ausbildungsverein einlassen und wirtschaftlich das Terrain erobern, das der FSV sich gerade anschickt, zu erobern, mangels Fanbasis und Rückhalt in Stadt und Region aber noch nicht eingenommen hat. Und am besten noch eine andere, neue, Fankultur etablieren, die über Randale und "Tod und Haß der SGE"-, "Judenpack"- und "Zigeunerpack"-Rufen hinausgeht, um mehr "bürgerliche" Fans ins Stadion zu locken, anstatt sich als pöbelnder Mob zu gerieren. Leider kann sich gerade ein Verein dieser Größe keine Fehlgriffe im Vorstand leisten, das ist es, was Offenbach und Rot-Weiss Essen im Gegensatz zu Clubs wie Freiburg, Mainz oder aktuell Augsburg nicht beherzigt haben und was sie von Eintracht u.a., die "to big to fail" sind, unterscheidet. Denn auch die SGE hat unter jahrelanger Mißwirtschaft bis heute zu leiden, aber sie ist nie ganz untergegangen.
Wer einmal Thomas Kalt in einem Interview gesehen hat, der konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, daß dieser Mann fähig sein könnte, einen Verein mit Zweitligaambitionen zu führen.
Da meine Beziehung zum OFC, obwohl ich seit Jahrzehnten Eintracht-Anhänger bin, immer von Wertschätzung und Respekt gekennzeichnet war, hier zum Ausdruck meines Bedauerns ein paar Fundstücke aus meinem Archiv, verbunden mit dem frommen Wunsch, es möge einmal wieder so werden, wie es vor der Bundesliga war - beide erstklassig, für eine unterschiedliche Kultur stehend, in sportlich-fairer Konkurrenz zueinander stehend, aber außerhalb des Spielfeldes mit Respekt und Achtung voreinander.




Schön war es auf dem Berg. Ein tolles Stadion, zahlreiche und treue Fans und eine Mannschaft aus Offenbach für Offenbach.

Eines der wenigen sogenannten "reinen" Fußballstadien, die baulich den englischen Vorbildern wirklich nahestanden. Nicht nur keine Laufbahn sondern auch separate Tribünen, jede mit einer eigenen Geschichte. Stimmung und Atmosphäre kamen da schon bei weniger als 10.000 Zuschauern auf.

Wie schon auf dem vorangegangenen Bild zu sehen: Der für die Freitagabendspiele berühmte Berg hatte nur zwei Flutlichtmasten!

Ein Bild mit großem Symbolcharakter: Der OFC ist abgebrannt.

Das Bild täuscht etwas, Kulissen wie diese und Zuschauerzahlen jenseits der 20.000 gab es in den letzten 25 Jahren kaum noch.

Die letzte größere Modernisierung vor dem Abriss brachte Bestuhlung mit Schalensitzen anstelle der Bänke auf der Haupttribüne. Wer der Meinung war, anstelle dieses fast einzigartigen Stadions müßte ein 08/15-Fertigbau a la Paderborn u.a. gebaut werden, hat von den Kickers und deren Geschichte nichts kapiert. Und das in einer Zeit, wo die Heuschrecken sogar den Henninger-Turm als Retroversion wieder auferstehen lassen.

Ich gestehe: Mein erster Stadionbesuch war bei den Kickers! Schon jahrelang, dank Grabi, Holz und Nickel, der Eintracht verfallen, fand ich nichts dabei, mit meinem besten Freund, einem OFC-Fan, die freitagabendliche Weltreise aus dem Frankfurter Westen nach Offenbach zu unternehmen. Sah nur ein 2:2, auch nur dank eines der in jener Zeit häufigen fragwürdigen Elfmeters für die Kickers.
Das Schicksal wollte es so, daß ich in der Saison 81/82 alle Heimpunktverluste des Aufstiegsaspiranten im Stadion erlebte.


Der OFC verfügte über eine tolle Zweitligamannschaft, hatte ein Parademittelfeld mit Bein, Martin, Franusch, später noch Uwe Höfer, hinten räumten Kutzop und Geinzer ab, Kutzop glänzte zudem als gefährlicher Freistoßschütze und vorne war Walter Krause ein steter Unruheherd. Es machte Spaß, Freitagabends auf den Berg zu fahren, die Kickers zogen gewissermassen schon früh Eventfans an, da hier bei 8.000 Zuschauern mehr los war als im weiten, offenen Waldstadion bei 30.000.

83/84 kam es zum letzten Mal zu Punktspielen zwischen den großen Rivalen. Beide befanden sich die ganze Saison über in der Abstiegsregion. Im Hinspiel hatten die Kickers 2:1 gesiegt. Im Rückspiel, das mit offiziel 35.000 nicht annähernd ausverkauft war, gewann die Eintracht in heftigem Schneetreiben mit 3:0, obwohl Sziedat wie schon im Hinspiel die rote Karte bekommen hatte. Durch den Sieg schaffte die Eintracht wieder Anschluß, rettete sich schließlich über die Relegation, die Kickers mußten leider, mit über 100 Gegentoren, wieder in die 2. Liga.

Mein letztes Spiel auf dem Berg, Dieter Müller war zurück und schoß die Kickers nochmal in die 2.Liga. Der frühere Torschützenkönig der Bundesliga und Nationalspieler war zwar erst 33, wirkte aber schon sehr schwerfällig und verbraucht. Was ihn nicht hinderte zuverlässig zu treffen.

Der erste Bundesligakader des OFC. Trainiert vom nach zwei Herzinfarkten eigentlich aus dem aktiven Betrieb ausgeschiedenen Paul Oßwald und angeführt von Hermann Nuber, fand 1968/69 der Spruch vom höchsten Fußballberg Deutschlands seine Bestätigung: Ein Jahr für den Aufstieg, ein Jahr für den Abstieg. Bemerkenswert neben Oßwald und Nuber: Trainerassistent war Willi Keim (zweifacher Vizemeister mit dem OFC als Spieler), als Spieler u.a. dabei Seppl Weilbächer, Bruder des Frankfurter Nationalspielers und Meisters, sowie die Torhüter Volz (Pokalheld 1970) und Rudi Wimmer (später KSC-Legende).

Die vielleicht beste Kickers-Mannschaft nach den 50er Jahren: Der Kader von 1973, der auch im Jahr darauf weitgehend zusammenblieb. Diese Mannschaft schlug nicht nur 1974, am ersten Spieltag, die Bayern 6:0 (im Waldstadion), sie hielten sich 1974/75 lange in der Spitzengruppe, waren vorübergehend sogar Tabellenführer, längere Zeit Zweiter und stürzten erst durch eine Serie von fünf sieglosen Spielen am Saisonende auf den achten Platz ab mit 38-30 Punkten und 72 erzielten Toren. Nach heutiger Wertung wären das 55 Punkte gewesen! Trainer der hier abgebildeten Truppe war noch Gyula Lorant (später von Rehagel abgelöst), in der Mannschaft standen die legendären Erwin Kostedde und Siggi Held, daneben noch Manfred Ritschel, Pepi Hickersberger, Winfried Schäfer, Norbert Janzon, Theis und Semlitsch, Schmidtradner und Bockholt. Und ein sehr junger Dieter Müller, hier noch unter dem Namen Kaster.

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