"if you can't beat them in the alley, you can't beat them on the Ice" - (Conn Smythe) Aus dem Poesiealbum der Broad Street Bullies, der deutschen Nationalmannschaft gewidmet!

Donnerstag, 19. Mai 2011

Die beste Sturmreihe aller Zeiten

Sturmreihen, die in den 80ern die deutsche Eishockey-Bundesliga dominierten, gab es einige, mir fallen spontan ein:
Lee-Valentine-Nentvich (DEG)
Steiger-Truntschka-Hegen (KEC)
Kuhl-Truntschka-Meitinger (KEC)
Reindl-Höfner-Franz (SBR)
Messier-Yates-Obresa (MERC)
Steiger-Kühnhackl-Gotsch (EVL)
Stastnay-Heckelsmüller-Martinec (ESVK)
Pouzar-Jarkko-Held (ECDI).
Diese Aufzählung ist sicher nicht komplett. Die bezauberndste und dominierendste Reihe ist für mich jedoch die aus der Not geborene und nur knapp zwei Monate bestehende erste Sturmreihe der Eishockey-Eintracht, die ab Januar 1989 die Liga aufmischte:

Held - Egen - Simmer!

Aus der Not geboren, weil der verletzungsbedingte Ausfall von Center Don Langlois eine Neubesetzung der Reihen bei der Eintracht erzwang. Uli Egen wurde von seinem unzertrennlichen Partner Jörg Hiemer weg in die Mittelstürmerposition zwischen Daniel Held und Charlie Simmer gesetzt. Was folgte war ein Sturmlauf durch die Liga mit sieben Siegen, zwei Unentschieden und zwei Niederlagen (das 3:8 gegen Köln wurde aber nachträglich mit 5:0 für die SGE gewertet, weil Köln einen nicht spielberechtigten Spieler eingesetzt hatte - übrigens Roger Nicholas, der später Teil einer weiteren formidablen Reihe der Eintracht werden sollte, mit Jiri Lala und Marc Jooris).
Uli Egen (32), verkanntes Genie und in seiner Karriere immer etwas zu kurz gekommen. Mit der Bürde lebend, der Sohn des großen Markus Egen zu sein, schaffte der Filligrantechniker trotz seiner hohen Veranlagung nie den ganz großen Durchbruch, verschwand sogar, bevor er 1987 zur Eintracht stieß, in der Versenkung der 2. Liga. Bei der Eintracht wirkte der 62-fache Nationalspieler nie ganz austrainiert, eher dicklich, spielte sich aber an der Seite seines langjährigen Weggefährten Jörg Hiemer wieder ins Rampenlicht als einer der besten deutschen Center. Sein Pech war Zeit seiner aktiven Karriere, daß er in einer Ära spielte, in der Deutschland über zahlreiche starke Mittelstürmer verfügte (Kühnhackl, Funk, Truntschka, Höfner, Wolf u.a.), welche oft den Vorzug in der Nationalmannschaft erhielten. Als Egen in seinem ersten Heimspiel im Eintracht-Trikot - mit der Nummer 7 - einen Atemberaubenden Slalomlauf durch die gegnerische Abwehr hinlegte und ein Tor auflegte, sagte mein Begleiter noch zu mir "hast Du den Schnürr gesehen?", worauf ich ihn aufklärte, daß das der Egen war und die Vorstellung, das Eintracht-Eigengewächs Wolfram Schnürr sei zu einem solchen Solo fähig völlig absurd fand. Dieser Uli Egen also führte die Traumreihe der Eintracht an, in den elf Spielen in dieser Besetzung explodierte er und erreichte Scoringzahlen, wie zuvor nur bei seinem Heimatverein EV Füssen. In jenen elf Partien erzielte Egen nur einen Scorerpunkt weniger als in den vorangegangenen 25 Spielen!
Zweiter im Bunde war Daniel Held (27), schon vorher als torgefährlich bekannt und über Jahre zu den besten deutschen Torschützen zählend. Im Vorjahr hatte sich die Eintracht seine Dienste sichern können, als Helds Club, der ECD Iserlohn während der Saison den Spielbetrieb einstellen mußte. Held, gebürtiger Kanadier mit deutscher Spielberechtigung mußte sich, ähnlich wie Egen oft fragen und auch fragen lassen, was der Bundestrainer wohl gegen ihn habe, er kam nur zu 20 Länderspielen und einer WM-Teilnahme (immerhin der WM 1987 in Wien, die zwar durch den Sikora-Skandal überschattet war, aber durch Siege über Finnland und Kanada in Erinnerung geblieben ist). Held war etwas als Raubein verschrien, hatte auch einmal eine lange Sperre abbrummen müssen wegen einer Tätlichleit gegen einen Offiziellen, galt zudem als eindimensionaler Spieler, war aber wegen seiner draufgängerischen Spielweise beliebt bei den Fans. Neben hohem Einsatzwillen war seine große Stärke, wie schon gesagt, ein untrüglicher Torriecher. Er erzielte in den elf Spielen dieser Sturmreihe 15 Tore, darunter auch drei Siegtore. In einem kanadischen scouting-report hätte man über ihn wohl geschrieben: a pure goalscorer.
Komplettiert wurde die Reihe von Charlie Simmer (34). Daß dieser Mann sich nach einer ilustren NHL-Karriere in die deutschen Niederungen begab, mutete als kleine Sensation an. Als Spieler der L.A. Kings schrieb er Geschichte, indem er Teil einer der damals besten Sturmreihen der Welt war, der "triple crown line" gemeinsam mit Dave Taylor und Marcel Dionne! Simmer war in dieser Phase ('80 und '81) zweimal hintereinander "first Team All-star" der NHL, d.h. bester Linksaußen der gesamten Liga (nicht zu verwechseln mit der Teilnahme am Allstargame!), hatte nach einer ebenfalls noch erfolgreichen Station bei den Boston Bruins in Pittsburgh seine Karriere ausklingen lassen. In Frankfurt wirkte der ehemalige Superstar oft behäbig, gelangweilt, sein Laufstil glich eher einem gemütlichen Dahingleiten, ihm schien jegliche Dynamik abhanden gekommen zu sein. Er fiel am ehesten dadurch auf, daß man sich oft fragte, woher er seine gar nicht so wenigen Scorerpunkte hatte. Dennoch strahlte er eine Präsenz aus, die für einen so unbeweglich wirkenden Spieler erstaunlich war, er genoß großen Respekt bei den Gegnern und irgendwie schaffte er es eben doch, durch seine Antizipation, raumgreifenden Schritte und die große Reichweite, bei vielen Toren die Hände im Spiel zu haben.
Es war also eine Kombination aus zwei alternden Stars, die ihre besten Zeiten längst hinter sich zu haben schienen und einem Enfant terrible mit eindimensionaler Spielweise, die Reihe wies ein Durchschnittsalter von 31 Jahren auf und war nicht gerade für hohes läuferisches Tempo bekannt. Das alles macht das besondere dieses Trios aus, ihre Leistungsexplosion war so nicht erwartbar.
Unten eine Auflistung der Spiele in der Besetzung Held-Egen-Simmer

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