"if you can't beat them in the alley, you can't beat them on the Ice" - (Conn Smythe) Aus dem Poesiealbum der Broad Street Bullies, der deutschen Nationalmannschaft gewidmet!

Mittwoch, 7. August 2013

Stadionalbum 29: Italia 90

Viel ist zu lesen über die italienische Liga, die schlechten Zuschauerzahlen, den schlechten Zustand der Stadien. Das war nicht immer so. 1990 wurde in Italien die Fußball-WM ausgetragen und damals war man allenthalben begeistert von den Spielstätten, in denen erstmals bei einer WM nur Sitzplätze erhältlich waren. Reine Fußballstadien waren jedoch klar in der Minderheit, was auch historische Gründe hat, da in der "Gründerphase" des flächendeckenden Stadionbaus aus politischen Erwägungen heraus fast ausschließlich Mehrzweckstadien gebaut worden waren. Ein Gutteil der Stadien von Italia 90 geht trotz zwischenzeitlicher Umbauten noch auf diese Phase der 20er und 30er Jahre zurück.



Bemerkenswerte Außenansicht, von Stararchitekt Renzo Piano ersonnen. Bari hatte ein 1934 eröffnetes Großstadion, das als Übergangsgefängnis für Albanische Flüchtlinge 1994 traurige Berühmtheit erlangt hatte.


Das San Nicola aus der Luft. Einer von zwei Neubauten.

Stadio Renato Dall'Ara, 1983 nach dem ehemaligen Vereinspräsidenten benannt. Zur WM gab es eine Erweiterung der Zuschauerränge. Die Backsteinfassade mit den Rundbögen blieb vom Ursprungsbau ebenso erhalten wie der 42 Meter hohe Marathonturm. Mussolini war bei der Eröffnung 1926 zugegen und bis 1943 Stand eine bronzene Reiterstatue des Duce auf der Tribüne vor dem Turm.

Sant'Elia in Cagliari. Die Planung für das Stadion begann nach Cagliaris Aufstieg in die erste Liga 1964, doch erst 1970, pünktlich zur einzigen Ligameisterschaft des Clubs, wurde es fertig. Für die WM mit dem hier zu sehenden Dächlein versehen. Aus Angst vor marodierenden Hooligan-Horden wurden die Vorrundenspiele der Engländer auf Sardinien ausgetragen. In meiner gesamten WM-Erinnerung war dies die spielerisch erbärmlichste Vorrundengruppe mit der Partie Englands gegen Irland als schlechtestes WM-Spiel, das ich je gesehen habe.

Florenz vor der Aufhübschung.

1931 eröffnet, war die bis heute erhaltene Dachkonstruktion neben den Wendeltreppen markantestes Merkmal des von Pier Luigi Nervi (italienischer Pendant zu Archibald Leach) entworfenen Stadions. Zur Eröffnung fand ein Freundschaftsspiel der Fiorentina gegen Admira Wien statt. Das Stadion hieß bis 1945 Giovanni Berta, nach einem faschistischen Märtyrer, dann Stadio Communale, seit 1991 Artemio Franchi, nach dem ehemaligen UEFA-Präsidenten.

Genua vorher. Bereits 1911 begann Genova 1893 hier zu spielen. Ursprünglich war das Stadion des Lokalrivalen Andrea Doria direkt dahinter gelegen, mußte jedoch 1927 einer Erweiterung des Stadio Luigi Ferraris (im ersten Weltkrieg gefallener Mittelfeldspieler von Genua 93) weichen. Seit 1946 spielen beide Genoveser Clubs hier, Andrea Doria nach der Fusion mit Sampierdarenese unter dem weithin bekannten Namen Sampdoria.

Das Ergebnis des Umbaus des Luigi Ferraris zur WM mutet wie ein Neubau an, entstand aber, wie an der Fassade erkennbar, auf den Mauern des alten Stadions. Für viele das schönste Stadion der WM, so eng und intim wie sonst keines. Hätte bessere Spiele verdient gehabt als die von Costa Rica, Schottland, Schweden, sowie das Achtelfinale zwischen Irland und Rumänien.

San Siro, Meazza oder wie auch immer: vor dem Ausbau noch eine beeindruckende Schüssel, mit den zwei großen Heimmannschaften Inter und Milan seit 1926 eine der legendärsten Arenen des europäischen Spitzenfußballs.

Zuviel des Guten, in meinen Augen ein abstossender Moloch durch die Erweiterung um einen dritten Rang und vor allem das trutzige, bedrohliche Dach.

Neben dem Eröffnungsspiel mit der unvergesslichen Niederlage des Titelverteidigers gegen wüst tretende Kameruner, nahm hier der große Siegeszug der deutschen Mannschaft seinen Lauf, die ersten fünf Spiele machte das Beckenbauer-Team hier. So gegensätzliche Protagonisten wie Matthäus und Klinsmann machten hier gegen Jugoslawien bzw. Holland die Spiele ihres Lebens. Im Falle des fränkischen Raumausstatters basiert die ganze Überbewertung seiner sportlichen Lebensleistung auf diesem einen Spiel. Traurig: Ein nicht schlechter als Häßler oder Littbarski spielender Uwe Bein wurde, nachdem er vier von fünf Spielen gemacht hatte, aussortiert, weder notwendig noch berechtigt.

Wie Mailand, so ist auch Neapel ohne Dach schöner. Hier machte Maradona die Neapolitaner, die sonst nicht viel zu lachen hatten, stolz und glücklich. 1959 eröffnet, passten hier ursprünglich einmal 85.000 Zuschauer hinein.

Argentinien spielte hier zweimal "zu Hause", ehe im Halbfinale Italienb der Gegner war. Bei vielen Zuschauern übertraf die Liebe zu Maradonna den Nationalstolz, so daß sich Freude und Trauer über das Scheitern Italiens die Waage hielten.
















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