Zunächst das wichtigste: Am Wochenende wurde auch Fußball gespielt.
In der vorderen Tabellenhälfte das gewohnte Bild, die Mannschaften zwischen Platz 5 und 10 quälen sich im Kriechgang gen Saisonende, die ersten 3 bis 4 marschieren vorneweg. Hinten Spannung durch Augsburgs Weigerung, aufzugeben, ein leichtes Erstarken der Hoffenheimer und das allmähliche Schwinden der Reserven bei Düsseldorf und Bremen. Ich war unterwegs, habe vom Spieltag nur die Ergebnisse mitbekommen und von Dortmund gegen Düsseldorf und Schalke gegen Hamburg jeweils Zusammenfassungen. Habe nichts vermisst, nicht das Gefühl, etwas versäumt zu haben, für mich kann die Sommerpause kommen. Die Luft ist raus, ob Düsseldorf, Bremen oder gar doch Hoffenheim in die Relegation gehen, ist mir wurscht. Jeder hätte als Absteiger etwas für sich. Hoffenheim als Quittung für die Infektion mit dem Wolfsburg-Bazillus wäre dabei sicher noch am reizvollsten. An Düsseldorf erscheint mir bemerkenswert, daß ein Spieler, der bereits in der vierten Liga Stammspieler war, auch in der ersten Liga etabliert ist, ohne abzufallen. Das spricht nicht nur für den Charakter und die Stärke des Spielers und die Ansicht, daß in der Bundesliga zu spielen kein Hexenwerk ist, es sagt auch etwas über die Qualität und die Entwicklung der Mannschaft aus. Wobei von einer Entwicklung der Mannschaft bei einer komplett für die erste Liga zusammengekauften Stammelf kaum die Rede sein kann.
Da der Spieltag wenig Aufregung bot und die Liga mich zur Zeit langweilt, komme ich an den außersportlichen Geschehnissen nicht vorbei, obwohl ich mich lieber mit dem Sport befassen würde. Und da dreht sich, ob das seine kühnsten Größenphantasien je so vorsahen oder nicht, alles um Uli Hoeneß.
Nun also doch: Spiegel-Titelstory und erneut Günter Jauch. Nach dem kurzen Rausch unter der Woche, als erst Barca besiegt, dann der Götze-Wechsel publik wurden, konnte Hoeneß noch mit einem seligen "Und sie lieben mich doch"-Gedanken ins Bett gehen. Aber irgendwie scheint die Medien- und PR-Maschine noch nicht bereit, ein anderes Thema in den Mittelpunkt zu stellen. Nachdem der von mir schon zu einem früheren Zeitpunkt erwartete Bosbach erst am Donnerstag ins Rennen geschickt wurde, kamen im Weiteren aber weder Lafontaine noch Karl Lauterbach in die Talkshows.
Stattdessen gestern der ehemalige Mike Krüger-Sidekick Thomas Gottschalk. Und erneut Herr Huber von der CSU. Ist eigentlich auch egal, ob jedesmal der selbe oder jedesmal ein anderer aus dieser Partei den Apologeten gibt. Eigentlich könnte der CSU-Stuhl in diesen Sendungen leer bleiben, man könnte genau so gut eine Tafel mit der Aufschrift "wir finden das nicht schlimm und Rot-Grün ist schuld" aufstellen.
Wieviele Talkshows braucht es überhaupt, um die Aussage zu treffen, daß Hoeneß ein ganz ganz feiner Mensch ist und ja nur einen kleinen Fehler gemacht hat?
Vergessen die Wutausbrüche und Hasstiraden, geifernd und oft brüllend vorgetragen, oft kalkuliert wirkend, nie zurückgenommen, Auftritte als Kinski der Konservativen.
Die gestrige Jauch-Sendung trug die Überschrift "Die Moral der Mächtigen". Nachdem zu diesem Thema in der ersten Viertelstunde nichts aber auch gar nichts gesagt worden war, schaltete ich ab. Jauch bleibt eben ein journalistisches Leichtgewicht, ein Protagonist der reinen Unterhaltung, vor 30 Jahren einmal für frech gehalten und mit dieser Masche bis heute erfolgreich, genau wie sein Gast Gottschalk. Niemanden er- oder verschrecken, niemandem wehtun, nichts riskieren, bloß keinen Ausschaltimpuls - der Schrecken jedes Funk- und Fernsehschaffenden - geben. So waren sie immer, so werden sie auch bleiben, zumal es ja für sie bestens funktioniert. Ist auch nichts gegen einzuwenden, solange man nicht vortäuscht, etwas anderes zu sein oder tun, z.B., sich für einen kritischen Journalisten auszugeben.
Im Fall Hoeneß gibt es nichts neues und man hat sich auf die oben angeführte Lesart geeinigt.
Ich bewerte die Angelegenheit etwas anders. Daß Hoeneß sooo viel gutes getan hat, bleibt ihm unbenommen, daß er seine Jubelbayern hat, die das, während er selbst sich in die Pose "ich rede nicht gerne davon" wirft, bei jeder Gelegenheit kundtaten und jetzt mehr denn je kundtun, auch gut. Die Version "ich habe einen Fehler gemacht und will ihn wieder gut machen" darf er meinetwegen auch gerne nach außen vertreten. Aus meiner Sicht handelt es sich hier aber um eine Täuschung, denn was tatsächlich passiert ist, entspricht ja eher der Losung "ich habe entschieden, etwas zu tun, was verboten ist, weil ich das konnte und richtig fand. Jetzt will ich der Bestrafung entgehen, deren Möglichkeit mir immer bewußt war. Weil mir gedämmert ist, daß auch jemand wie ich nicht mit allem durch kommt."
Soviel Aufrichtigkeit überstiege aber die Möglichkeiten selbst dieses großen Klartextredners erheblich. Den gradlinigen Klartext produzierte er nämlich immer nur, wenn es um andere ging, nie sein eigenes Handeln betreffend.
Für einen wie ihn ist aber der Ansehens- und Bedeutungsverlust - für den Fall eines Rücktritts - vermutlich die größte Strafe, schlimmer als jedes Gerichtsurteil ihn treffen könnte. Bin gespannt, wie er damit umgeht. Niederlagen im Fußball konnte er sich in der Vergangenheit ja durch Abreagieren am Gegner erträglicher machen. Wie er das außerhalb des sportlichen Terrains hinbekommt, bleibt abzuwarten. Wen wird sein Bannstrahl treffen? Den Spiegel? Focus? SPD und Grüne hat er ja in der Vergangenheit sowieso schon bekämpft. Steuerermittler, Finanzämter? Seehofer, weil er die Sache nicht verhindert hat?
Oder doch die alleinige Verantwortung bei sich suchen? Das hat er noch nie, ist also nicht zu erwarten.
Mir reicht das Thema jedenfalls. Da er als Ulmer Schwabe Bayer durch und durch ist, wird ihm aber wenigstens erspart bleiben, daß ihm abgehalfterte Deutschrocker zur Seite springen. Oder, Spider Murphy Gang?
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