Welch freudige Überraschung, gerade, als ich nicht mehr daran geglaubt hatte: Joachim Löw ist noch für Überraschungen gut. So wie damals, im Februar 1982, als die Eintracht den Tabellenführer aus Köln empfing. Die Kölner mit Schumacher, Bonhof und Littbarski (damit die seltene Konstellation mit einem Weltmeister von 1974 und einem von 1990 in einem Team), Klaus Fischer, Cullmann. Ein packendes Spiel auf Messers Schneide. Beim Stand von 1:1 wird Joachim Löw in der 61. Minute eingewechselt. Sechs Minute später gibt es Elfmeter für die Eintracht. Der bewährte Schütze Lorant steht auf dem Platz, auch Körbel, Nickel wären mögliche Schützen. Doch wer schnappt sich den Ball? Ich, in Block L stehend, sage entgeistert zu meinem Begleiter: "Oh nein, der Löw schießt". Der Juniorennationalspieler trifft, bezwingt den Weltklassekeeper vom Punkt, die Eintracht gewinnt letztlich 4:2, das Spiel läuft in der Sportschau. Das war damals keine Selbstverständlichkeit, es wurden von jedem Spieltag nur drei im voraus ausgewählte Spiele gezeigt. Im Winter ein Lotteriespiel, für den Fall eines Spielausfalles blickte man in die Röhre.
Aktuell hat Löw zwar nicht den etablierten Schützen den Ball weggenommen, aber er setzte Podolski, Gomez und Müller auf die Bank. Nach den bisherigen Leistungen vor allem im Falle von Podolski und Gomez vertretbar. Die Maßnahme zeigte Wirkung, mit der Folge einer erheblichen Belebung des deutschen Angriffsspiels. Das Spiel lief viel besser als die bisherigen, ob die Griechen jetzt der bisher schwächste Gegner waren, die Deutschen so stark wie bisher noch nie bei diesem Turnier, oder beides ist schwer zu sagen. Als Optimist tendiere ich zu zweiterem, auch wenn die Mängel im Spiel der Griechen kaum zu übersehen waren. Ein Glück für unsere Mannschaft und für die Zuschauer war sicher das erste Tor der Griechen. Sah es in den Minuten nach der Pause zunächst nur nach einem Verwalten durch die Deutschen aus und wirkten unsere Aktionen nach Wiederanpfiff zunächst halbherzig, so war der Treffer von Samaras ein Weckruf, die deutsche Mannschaft gab danach nochmal Gas und der Sieg fiel noch um ein bis zwei Tore zu niedrig aus. Das Gegentor wäre mit Podolski anstelle Schürrle wohl nicht gefallen, da der perfekt ausgespielte Konter der Helenen von einem Ballverlust des Ex-Mainzers ausgegangen war. Da Podolski nie in ein offensives 1:1-Duell geht, wäre dieser Ballverlust auch nicht entstanden. Da Podolski nie in ein 1:1-Duell geht, ist diese Angriffsseite auch meistens so statisch, wenn er spielt. Schürrle macht ungleich mehr Betrieb, riskiert mehr und generiert so auch viel mehr gute Aktionen und Torgefahr als der zukünftige Gunner. Also sollte Löw gegen die Italiener unbedingt wieder mit der Griechenland-Elf spielen. Schweinsteiger wird er wohl nicht wagen, herauszunehmen, dafür dürfte der Respekt vor Pirlo - zu Recht - zu groß sein. Die Italiener haben sich verdient gegen England durchgesetzt und somit auch verdient, gegen uns zu spielen. Ich habe wenig von ihnen gesehen, was um einen Finaleinzug bangen läßt, so daß der Italien-Fluch, der ja vor allem für Weltmeisterschaften gilt, gebannt werden sollte.
Auf der anderen Seite die Spanier, die sich durch einen großartig spielenden Ribery und einen stark haltenden Lloris alleine nicht aufhalten ließen. Wann hört dieses ewige Ballgeschiebe der Spanier eigentlich auf, attraktiv zu sein oder als attraktiv zu gelten? Jetzt! Es ist eine ständige Gratwanderung zwischen Mittel zum Zweck des Siegens, indem ständig auf den einen Paß in die Spitze zum Torabschluß gelauert wird einerseits, und einem selbstgefälligen Vorführen des Gegners als Selbstzweck, ohne überhaupt aufs Tor zu spielen andererseits.
Der Sieg der Spanier kam jedenfalls "Deutsch" daher, ein toller Spielzug zum Führungstor und danach verwalteten sie das Spiel, ohne noch groß in Gefahr zu kommen, aber auch ohne selbst zu glänzen. "Deutsch" vor der Ära Klinsmann wohlgemerkt. Meistens ist ja das Original besser als die Kopie, das mußten ja auch schon die Holländer feststellen, ein weiteres Team, das für sich in Anspruch nahm, jetzt "deutscher als die Deutschen" zu spielen.
Und bevor ich es vergesse, hier noch ein Gruß an die 11-Freunde-Redaktion bzw. an die Verantwortlichen für das Rätsel. Wolfgang Schäfer, um dessen Lebenswandel zu seinen Frankfurter Zeiten (Rot-Weiß) sich unschmeichelhafte Anekdoten ranken, schoß zwar Bayer zum Pokalsieg. Aber dabei handelte es sich um Bayer 05 und den DFB-Pokal. Seine Ähnlichkeit zu Klaus Täuber ist sicher größer, als die Ähnlichkeit zwischen DFB- und UEFA-Pokal, aber hier wurde wohl etwas schlampig recherchiert. Das besagte Bild im Rätsel zeigt Täuber, den Boxer, beim Versuch, den UEFA-Pokal zu füllen. Der Halter des Pokals könnte A. Reinhardt sein, aber da möchte ich mich nicht festlegen.
1 Kommentar:
a) Frankfurter sind so schlecht nicht!
b) Deine Seite bereitet mir seit mindestens einer Stunde sehr viel Freude!
c) 2011/10/stadionalbum-teil-14-rule-britania: Foto 8 und 11 lassen mir keine Ruhe! Leicester? Tranmere? Birmingham?
d) Gruß aus Bielefeld
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