Was geschah bisher?
Schwache Eröffnung der Polen, die dennoch auf ein Weiterkommen hoffen dürfen, da hinter den Russen, die beeindruckten, alles offen scheint. Schwache Gruppe, der Erste der Gruppe B darf sich auf einen leichten Viertelfinal-Gegner freuen.
Die Holländer wie erwartet, von den Egos ihrer großen drei, Sneijder, Robben, Van Persie erdrückt. Keiner läuft für den anderen, schon gar nicht selbstlos, also wenn für ihn selbst nichts drin ist, sie bleiben stehen und schauen zu, wenn sie nicht direkt beteiligt sind, sie arbeiten nicht nach hinten. Wenn ihre Mannschaft ein Tor erzielen würde, würden sie sich wohl sogar noch ärgern, wenn es ein anderer erzielte. Ist es Pech, wenn man so selbstgefällig auftritt? Ist eine Besserung zu erwarten, wenn nach dem Spiel keinerlei Selbstkritik, keine Einsicht geäußert wird?
Deutschland tat sich sehr schwer und sofort werden Bedenken laut. Erstens habe ich Portugal noch nie so stark spielen sehen, zweitens sind diese drei Punkte Gold wert. Es gab viel positives in der deutschen Mannschaft. Die Debatte um die Scholl-Kritik an Gomez finde ich sehr spannend. Das was Scholl als Problem sieht, hat in vergleichbarer Form die Eintracht mit Gekas erlebt - und stieg ab. Sobald ein solcher Stürmer nicht trifft, schwächt er die Mannschaft, ist ein Ausfall, was sich nicht nur auf das Spiel auswirkt, sondern auch außerhalb des Spielfeldes Unruhe in die Mannschaft bringen kann, weil andere Leistungs- und Aufstellungskriterien zu gelten scheinen als für den Rest der Mannschaft. Wie oft darf ein Spieler schwach spielen, ohne aus der Startelf auszuscheiden? Ist Gomez wirklich so stark, daß man Leistungsprinzipien außer Kraft setzen muß? Und was darf ein - im übrigen ebenso unterhaltsamer wie kundiger - TV-Experte sagen, was nicht? Reicht nicht das Weichspüler-Gewäsch von Beckmann, Steinbrecher und co.? Auch was Kahn abliefert ist ein Jammer, er hangelt sich von Phrase zu Phrase. Natürlich darf Scholl Spieler bewerten, die sind ja auch keine Waisenknaben, und so unanständig war seine Äußerung ja nun auch nicht. Gomez darf dafür ja auch 70 Minuten nebenher laufen um sich dann für eine gute Aktion von Tausenden im Stadion und Millionen zu Hause feiern zu lassen.
In der nächsten Gruppe die Spanier, die sich einen Wolf spielen und sich weigern, aus einer Entfernung von über 10 Metern abzuschließen, mit der Folge, daß es kaum einmal zum Abschluß kommt. Die Italiener dagegen wiedererstarkt, ebenbürtig. Eigentlich schön, wenn es nicht einen totalen Kulturwandel bedeutete, da ich noch nie eine italienische Nationalmannschaft sympathisch fand. Kroatien, Irland? Uninteressant. Außer Bilic, den am finstersten und furchteinflössendsten schauenden Trainer, den ich jeh gesehen habe.
Vor dem Turnier war für mich Frankreich zweitgrößter Favorit neben Deutschland. Im ersten Spiel gegen biedere aber mit viel Herz spielende Engländer habe ich nichts gesehen, was eine Favoritenrolle begründen würde, im Gegenteil, einen vom Robben-Bazillus befallener Ribery, der sich noch öfter verdribbelte als das Münchner Mobbing-Opfer und einen stets bemühten Nasri als einzige Aktivposten.
Schweden und Ukraine? Auch uninteressant.
Nach der ersten Runde der Gruppenphase ist im Grunde Deutschland als einziger der Favoritenrolle gerecht geworden. Gegen eine sehr starke portugiesische Mannschaft wurde gewonnen, man kann einen solchen Gegner nicht einfach wegspielen. Das Spiel zeigte exemplarisch den neuen spielerisch-taktischen Trend auf. Dieser scheint auf eine Wiedergeburt des Mauerfußballs hinzudeuten, als backlash auf die kombinations- und gedankenschnellen, technisch starken und spielfreudigen Mannschaften wie Deutschland und Spanien. Mann steht tief, baut vor der Viererkette noch einen Riegel auf, in den 30 Metern vor dem Tor tummeln sich acht bis neun Verteidiger. So können die fußballerisch limitierten Mannschaften die Niveau-Unterschiede nivellieren, Tore werden immer seltener und kostbarer. Den Spaniern könnte dies, wie schon Barcelona in der Champions-League, zum Verhängnis werden, ihre Neigung, sich durch endlose Ballstaffetten selbst einzulullen, könnte hier ein übriges tun. Wenn der Gegner, wie weiland Ali, die "rope and dope"-Taktik wählt, einfach die Angriffe anrollen und über sich ergehen läßt, dabei den Strafraum oder wenigsten den 5-m-Raum sauberhält, kann das ganze Konzept über den Haufen geworfen werden. Eine gelungene Offensivaktion der defensiven Mannschaft, ja nur eine gut ausgeführte Ecke kann reichen und die, die sich um Offensive bemühen, verlieren. Ob Spanien einen Plan B hat oder ob das Projekt ohne Stürmer wieder beerdigt werden muß, bleibt abzuwarten.
Ich traue den Deutschen jedenfalls eher zu, auf ein frustrierendes Anrennen oder Nicht-Aufgehen des Spielkonzeptes eine Antwort zu haben, als Spanien. Was die Leistung der Russen wert ist, bleibt ebenfalls abzuwarten, so daß Deutschland der Top-Favorit auf den Titel bleibt.
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