So, Vorrunde überstanden. Aus deutscher Sicht gut überstanden, Gruppensieger, im ersten Spiel souverän, im zweiten aufgrund schlechter Chancenverwertung und sehr bodenständiger Verteidigung (Mertesacker und Mustafi) in Verlegenheit gekommen, im dritten nie wirklich gefährdet. Erkenntnisse aus dem dritten Spiel? Der letzte Pass war immer schlecht, aber das Spiel bzw. der Gegner wurden beherrscht. Dominanz. Das Unwort der letzten Bundesligawochen. Wir nähern uns dem (selbst-) gefälligen Zweckfußball früherer Jahrzehnte. Immerhin dürfte sich das Thema "Podolski von Anfang an" erledigt haben, hoffentlich für immer.
Nochmal gab es ein Fernduell Jones gegen Prince, wieder klarer Sieg für den Frankfurter. Jones ist in seiner zweiten Nationalmannschaft deutlich besser integriert und akzeptiert als Prince Boateng. Der braucht jetzt wohl eine dritte. Selten klafften Veranlagung (Weltklasse) und Persönlichkeit (Sozialisation in der Brennpunktgosse und auf dem Ghettobolzplatz) auf so hohem Niveau so weit auseinander wie beim Berliner. Interessant, daß von den vielen hochtalentierten Fußballzauberern aus dem Umfeld der Boateng-Brüder ausgerechnet der bravste, am wenigsten dem Gangsta-Ghetto-Klischee entsprechende Jerome Boateng es am weitesten gebracht hat. Er wird der einzige sein, der nach seiner Karriere sagen können wird, daß er das Beste rausgeholt hat, sein Potenzial ausgeschöpft hat. Hat sich auch nie über Mitspieler oder Trainer gestellt.
Jones auf der anderen Seite, zu Beginn seiner Karriere im US-Trikot auch noch nicht der Landessprache mächtig, schmiss sich in alles, könnte auch bei Uruguay die 6 spielen. Bedenklich allerdings, daß er den Zweikampf gegen den Schiri verlor, an diesem abprallte. Das ist ungefähr so peinlich wie im American Football von einem Kicker getackelt zu werden.
Meine Äußerungen von Gestern sind schon überholt. Die Schweizer sind nicht untergegangen, haben letztlich klar das Weiterkommen geschafft. Dank ihres albanisch-stämmigen Shaqiri, des Mannes, der aussieht, als habe man zwei Körper in einen gepresst. Könnte von den Anlagen her auch bei Chile oder Uruguay spielen. Letztere Mannschaft muß nun ohne Suarez auskommen, zu recht. Erstaunlicher noch als die Tatsache, daß ein Spieler sich die Umstände macht einen auch noch einige Zentimeter größeren Gegner in die Schulter zu beißen, warern für mich die Reaktionen aus Uruguay. Über Suarez gibt es keine zwei Meinungen - in seiner Heimat heißt das in etwa, daß er doch gar nichts gemacht hat, das sei doch normal, im Spiel passiert sowas doch. Selbst für Uruguayer, die Fußball schon immer anders interpretiert haben als andere, eine erstaunliche Sichtweise.
Die vor dem Turnier größte Angst oder Sorge der Deutschen, wie man bloß Italien und Spanien schlagen soll, ist jedenfalls von uns genommen. Jetzt wird spannend, wie Löw es gegen Algerien, diese Chilenen Afrikas, angehen wird.
Neben den Algeriern hat es Nigeria ins Achtelfinale geschafft, die am schwächsten von den Schwarzafrikanischen Mannschaften eingeschätzte Mannschaft. Diese Einschätzung rührte wohl am ehesten daher, daß hier keine Superstars des eurpäischen Vereinsfußballs im Kader stehen.
Das schwache Abschneiden Ghanas, der Elfenbeinküste und Kameruns sowie das sportlich verdiente Scheitern aller asiatischen Mannschaften in der Vorrunde, spricht dem Wunsch Blatters Hohn, die Startplätze bei den nächsten WM anders, zugunsten dieser Kontinente, zu verteilen. Sportlich gerechtfertigt ist es in keiner Weise.
Die größten Exoten in der Runde der letzten 16 sind ohne Zweifel die Griechen, die eine ganz besondere Spielart kultivieren: Fußball spielen ohne Fußball zu spielen, kein echtes Interesse am Spiel zeigend, irgendwann ein Tor schießen - wie auch immer - und am Ende weiß keiner mehr, wie das eigentlich passieren konnte. Sie sind so die gefährlichste unfähige und harmlose Mannschaft der Welt. Und gegen Costa Rica wie in jedem Spiel eigentlich chancenlos und deshalb schon mit einem Bein in der nächsten Runde. Auch ohne Charisteas, Liberopolus und Kyrgiakos.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen