Super Bowls, die ich vor über 30 Jahren begonnen habe, anzusehen, sind selten dem Hype gerecht geworden, der um sie gemacht wird. Ich weiß noch, wie ich in der USA Today vor dem Spiel der 49ers gegen Denver gelesen habe, daß es sehr offen sei, zwei fast gleichstarke Teams anträten. Die Realität brachte dann die bis heute einseitigste Partie aller Zeiten, ein 55:10 für die Kalifornier. So war es oft, Versuche, Spannung aufzubauen, scheiterten dann mit Spielbeginn daran, daß eines der Teams Anlaß und Gegner nicht gewachsen war und ich war schon froh, wenn der Ausgang nicht schon zur Pause klar abzusehen war. Außenseitersiege waren eher selten, hochklassige Spiele auch. Denkwürdig, wenn man über 30 Endspiele gesehen hat? Natürlich der last-minute-Sieg der 49ers gegen die Bengals, mittels eines historischen Drives von über 90 Yards binnen weniger als 3 Minuten. Das 48-Yard Field Goal Scott Norwoods, das den Bills bei ihrer ersten Teilnahme den Sieg über Bill Parcells' Giants gebracht hätte, Sekunden vor Schluß. Hätte! Der Kick ging ganz knapp vorbei, es blieb beim 20:19 für New York.
Es gab mal ein furchtbar schlechtes Spiel mit Trent Dilfer und Kerry Collins als starting QBs. Der "Helicopter" von John Elway, der in den 80ern nach 3 SB-Niederlagen als "Charlie Brown" der NFL verspottet worden war und fast ein Jahrzehnt später als "back to back"-Champion abgehen konnte.
Ein einziger Auftritt "meiner" Bears mit einem Traumstart dank Devin Hesters Kickoff-Return. Sie hätten gegen Peyton Mannings Colts gewinnen können, wenn sie nicht eine Offense gehabt hätten, die noch schlechter war, als die von 2019 - zum Fremdschämen.
Ein erfolgreicher Onside-Kick der Saints zur Eröffnung der 2. Hälfte bei Drew Brees' einzigem Erfolg.
Der Triumpf der Buccaneers, solange ich Football verfolge eine Lachnummer, zu allem Unglück auch noch lange in der gnadenlos harten Division der Bears, Packers und Vikings (und Lions) auf die rote Laterne aboniert. Mit grandioser Defense ins Finale gekommen, gegen u.a. die seinerzeit spektakulärste Offense der St. Louis Rams und dann doch im Finale 48 Punkte erzielt.
Die vielen Siege von Bill Belichik und Tom Brady. Obwohl beide zu den größten ihrer jeweiligen Positionen gezählt werden, siegten sie am Ende oft nur mit einem Fieldgoal Vorsprung. Aber es heißt ja "immer Glück ist Können".
Die Hollywood-reife Story von Curt Warner, 1999 gekrönt durch den Sieg gegen die Titans, den allerdings nicht die historisch großartige Offense von Warner und Offensive Coordinator Mike Martz sicherte, sondern Linebacker Mike Jones durch ein Tackling auf der 1-Yard-Linie.
Manche Spieler sind mehr dank des Systems, in dem sie gespielt haben, denn durch eigenes Können durch SB-Siege zu Legenden geworden. Wie z.B. Troy Aikman, kein schlechter QB, aber selbst zu seiner aktiven Zeit nicht zur Elite zählend. Dank der 3 Siege mit den Cowboys ist er in der Hall of Fame, seine Karriere-Statistiken hätten ihm den Weg dorthin nicht geebnet (Karriere-Wert im QB-Rating unter 82 Punkte).
Nun also erstmals San Francisco gegen Kansas City. Die Mannschaft aus der Westküsten-Metropole, als kultureller Leuchtturm und Zentrum der alternativen Gegenkultur ein Touristenmagnet und auch ohne Sport von hoher Lebensqualität, trifft auf das Team aus dem mittleren Westen, keine 500.000 Einwohner und nichts, weswegen man, als Europäer, dorthin reisen würde. Kehren die 49ers wieder in die Rolle der Großmacht zurück, die sie in den 80er und 90er Jahren gespielt hatten, oder geben die Chiefs den einfachen Leuten in der Provinz, "in the middle of nowhere", etwas, worauf sie stolz sein können (außer darauf, Amerikaner zu sein)? Die Teams könnten gegensätzlicher nicht sein: San Francisco hatte im Conference-Finale fast nur auf den Lauf gesetzt, QB Jimmy Garoppolo kam nicht einmal auf ein Dutzend Pässe und die Defense der 49ers gehört zu den besseren der Liga. Garoppolo muß dann auch erst noch beweisen, daß er so ein großes Spiel (für seine Farben) entscheiden kann. Oder Coach Shanahan ruft wieder ein Laufspiel nach dem anderen aus und erfüllt damit einen einst von Mike Ditka gehegten Traum, ganz ohne Passspiel auszukommen (Ditka lag aber auch Zeit seiner Trainer-Karriere im Dauerclinch mit seinen QBs). Bei den Chiefs ist es umgekehrt, sie verlassen sich auf die Zauberkräfte ihres jungen QB Pat Mahomes und vernachlässigen den Lauf weitgehend. Ihre Abwehr dagegen ist bestenfalls solide. Ob das reicht, wo doch als ehernes Gesetz gilt, "Defense wins championships"? Beide Coaches haben schon bittere SB-Niederlagen bezogen, Shanahan stand als Offensive Coordinator auf der falschen Seite des epischsten Comebacks der Geschichte, als seine Atlanta Falcons einen 25-Punkte-Vorsprung gegen die Patriots verloren. Und Andy Reid, heute Chiefs, verlor gegen - natürlich - die Patriots als er noch die Eagles coachte.
Kann ein interessantes Spiel werden, aber das habe ich schon oft gedacht.
Übrigens für alle, die den Vorbericht in der Frankfurter Rundschau gelesen haben: Glaubt nicht alles, was in der Zeitung steht. Ich habe mich in den letzten Jahren des Öfteren gefragt, ob in dieser einst so relevanten Zeitung noch jemand zu Hause ist, so miserabel manche Artikel sind, die doch den Weg ins Blatt finden, offenbar ohne Gegenlesen oder Recherche. Jerry West hat mit den 49ers nichts zu tun, der war Baskettballspieler und einer der Architekten der L.A. Lakers-Teams der 80er und 90er Jahre. Candlestick Park lag nicht mitten in der Stadt, wie der Autor behauptet und Richard Sherman gehört sicher nicht zu den "jungen Verteidigern" der 49ers. Und wenn ich den Artikel noch mal lesen würde, würde ich wahrscheinlich noch mehr Fehler finden. Habe aber keine Lust.
L.A. Coliseum, Ort der allerersten Super Bowl, die Kansas City Chiefs nahmen teil, aber gegen die Green Bay Packers hatten sie das Nachsehen. |
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