"if you can't beat them in the alley, you can't beat them on the Ice" - (Conn Smythe) Aus dem Poesiealbum der Broad Street Bullies, der deutschen Nationalmannschaft gewidmet!

Donnerstag, 20. Februar 2020

Kobelhang revisited

Nochmal eine Reminiszenz an eine längst vergangene Zeit. In Füssen, der Kleinstadt im Allgäu, Einwohnerzahl in den letzten Jahrzehnten so um 12.000 - 14.000, schlug einmal das Herz des Deutschen Eishockey. Vom kaum besiegbaren Serienmeister in den 50er Jahren, der auch international durchaus konkurrenzfähig war, über den allmählichen Verlust der Vorherrschaft in den 60er Jahren, als die 1958 gegründete Bundesliga erste Früchte in Sachen Leistungsdichte und Professionalisierung trug, dem Fall ins Mittelmaß in den 70ern und letztlich dem Sturz in die Zweitklassigkeit in den 80ern: Füssen blieb immer ein unerschöpflicher Quell für Nachwuchs, ohne den das Deutsche Eishockey nicht denkbar gewesen wäre. Ein Erstligist, dessen kompletter Kader aus Einheimischen aus der eigenen Jugend besteht? Würden heute nicht mal Mannheim oder Berlin hinkriegen. Heute spielen in der höchsten Deutschen Spielklasse - zumindest gefühlt - mehr Spieler aus ECHL oder AHL als aus der Deutschen Nachwuchsliga und wahrscheinlich gab es in den 70ern, bei maximal 12 Clubs und kleineren Kadern als heute, Spielzeiten, wo mehr Füssener Spieler in der Bundesliga spielten, als heute Deutsche (d.h. in Deutschland geborene) in der gesamten DEL. Da ich schonmal in der Vergangenheit über den EV Füssen geschrieben hatte, will ich es dabei belassen und die schönen Bilder wirken lassen, Winterromantik pur. Eine schöne Arbeit über den Kobelhang hatte übrigens der vortreffliche Günter Klein im absolut lesenswerten Buch über "30 Jahre Eishockey-Bundesliga" verfasst. Einziger Mangel des Buches, das eigentlich Pflichtlektüre ist: Mangelhafte Statistiken, das Ärgernis aller Werke über das Deutsche Eishockey vor 2000. 



Das Eisstadion am Kobelhang Anfang der 50er Jahre. Die Tribüne ist noch klein und unüberdacht und die beeindruckenden Stehränge, die sich rechts den Hang hinauf bis in den Wald erstreckten, lassen sich erahnen, sind hier nicht vom Schnee geräumt.

Stimmen die Angaben von Günter Klein in seinem Text, dann fasste das Stadion gut 15.000 Zuschauer, vielleicht auch mehr. So viele dürften auch hier gekommen sein, damals wurde es mit bau- und feuerpolizeilichen Regularien ja noch nicht so ernst genommen. Jedenfalls ist die Tribüne jetzt überdacht, Fans, die keinen Platz auf der Tribüne bekommen haben, stehen buchstäblich im Wald, in dessen Boden Stufen mittels Holzbohlen befestigt worden waren. 

Bereits in den frühen 60er Jahren erhielt die Eisfläche und ein Teil der Stehplätze ein Dach, lange bevor die IIHF das als Vorschrift für alle Erstligastadien erließ. Die offizielle Kapazität verringerte sich dadurch erheblich und zum Ende der Nutzung des Stadions in den 80er Jahren lag sie bei 7.000 Zuschauern. Eine Zahl, von deren Erreichen der EV Füssen längst nur noch träumen konnte. Man kann sich anhand der Bilder vorstellen, wie die Zuschauer, allen Elementen ausgesetzt, hier wohl gelitten haben. Längst vergangene und vergessene Eishockey-Folklore, frierend, bibbernd und in Versuchung, Schneebälle auf die Gegner zu werfen, einem Spiel zu folgen. Ich muß gestehen, daß ich nichts gegen das Sitzen im Warmen habe, trotz aller verloren gegangenen Romantik. Auch wenn mir blechern und schwer verständlich aus Lautsprechern kommende Durchsagen, Werbung für die lokale Sparkasse oder das Autohaus, lieber wären als der infernalische Lärm, mit dem man in z.B. der Frankfurter Halle beschallt wird, der m.E. auch der Atmosphäre nichts hinzufügt. Aber das ist wieder ein anderes Thema und hat nichts mit der Schönheit von Füssen zu tun.

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