Eine ganz passable Bundesligamannschaft könnte man aus diesen Spielern aufstellen, die alle die Eintracht verlassen haben, um woanders ihr Glück zu machen, sportlich, finanziell oder beides. Es ist eine Elf der gescheiterten, deren Karrieren durch das Verlassen der SGE teilweise irreparrablen Schaden nahm. So erscheint das Transparent, das Fans im Waldstadion kürzlich den vermeintlich Wechselwilligen widmeten "sei kein Ochs" sehr treffend und bedenkenswert.
Haas
Ochs Russ Chris
Falkenmayer
Streit Jones Borchers
Tobolik Andersen Sippel
(Aus der Eintracht-Jugend stammende Spieler unterstrichen)
Daniel Haas war Juniorennationaltorwart, hielt sich für zu gut, um hinter Heinen und Nikolov auf der Bank zu sitzen, tat aber auch nichts, um mindestens einen der beiden zu verdrängen. Ging, um Bundesligakeeper zu werden, machte in 10 Jahren seit dem Wechsel 35 Bundesligaspiele, konnte sich nicht etablieren.
An seiner Statt käme auch Fährmann in Betracht, der es vorzog, sich ins vermeintlich gemachte Schalker Bett zu legen, anstatt wie Schwegler, Meier, Rode u.a. den harten Weg durch die 2. Liga zu wählen.
Patrick Ochs galt im Eintrachttrikot als Kandidat für die Nationalmannschaft (nicht zu recht, aber das soll jetzt mal egal sein). Wolfsburg bot mehr als das doppelte seines Frankfurter Gehaltes, Abgang. Wird nun vermutlich den Rest seiner Karriere mit dem Versuch zubringen, bei Vereinen des unteren Mittelfeldes oder der Abstiegszone Erstligatauglichkeit zu beweisen. Seine Zukunft dürfte irgendwo zwischen Zweitligaspitze und letztem Tabellendrittel der Bundesliga liegen.
Marco Russ war ein grundsolider Innenverteidiger, unangefochtener Stammspieler auf Ertsliganiveau, der der Eintracht durch seinen Weggang finanziell einen großen Dienst erwiesen hat. Nun rangiert er bei einem Club, der in der Tabelle deutlich hinter der Eintracht liegt im Kader irgendwo zwischen Platz 30 und 40.
Chris war, solange er bei der Eintracht war, deren bester Fußballer. Leider sehr verletzungsanfällig. Sein Weggang war der eigenen Klasse mehr geschuldet als der Gier, es war in Ordnung, zu gehen, es nochmal woanders zu versuchen, er hatte der Eintracht seine besten Jahre gegeben. Leider klappte es in Wolfsburg nicht gut, deshalb erscheint er auf der Liste.
Ralf Falkenmayer erscheint der Vollständigkeit halber auf der Liste. In Leverkusen lief es, auch verletzungsbedingt nicht gut für ihn. Das bodenständige Frankfurter Eigengewächs war in einer schwachen, aber immerhin aus vielen Eigengewächsenen bestehenden Eintrachtmannschaft immer Leistungsträger, ein untadeliger Sportsmann. Charakterlich keiner Mängel verdächtig, war er nach seiner Rückkehr an den Main noch jahrelang wichtiger Baustein der vielbeachteten Truppe um Stein, Bein, Möller und Yeboah.
Albert Streit ging mehrmals von der Eintracht weg, in deren Reihen er immerhin auch einmal kurz vor dem Durchbruch zum Nationalspieler zu stehen schien. Ähnlich wie Ochs machte er woanders viel Geld aber nicht sein sportliches Glück, wie er es angeblich jedesmal geplant hatte. War wegen seines Auftretens, das oft zwischen Pomadigkeit und Arroganz pendelte, nie wirklich populär, was darauf hindeuten könnte, daß Fans wenigstens manchmal ein Gespür dafür haben, was charakterlich von einem Spieler zu halten ist. Sein Karriereverlauf, in umgekehrtem Verhältnis zum Kontostand, ist ein warnendes Beispiel für alle, die ihre Leistung nicht realistisch einschätzen und dem schnellen Geld nachlaufen.
Jermaine Jones ging, als Stürmer und Juniorennationalspieler nach Leverkusen. Dort scheiterte er, kam zurück, wurde zum Mittelfeldspieler umfunktioniert, war oft verletzt, profitierte von der Loyalität der Eintracht durch seine langen Ausfallzeiten hindurch, jammerte, daß er keine Chance sehe, in Frankfurt zur Legende zu werden und ging wieder, als um ihn herum etwas aufgebaut werden sollte. Immerhin schaffte er es bei Schalke, allen Unkenrufen zum Trotz. Ähnlich schwache Frustrationstoleranz zeigte er bezüglich der Nationalmannschaft, als er für die USA optierte.
Ronnie Borchers ist irgendwo auf halber Strecke zwischen ewigem Talent und Eintracht-Legende stecken geblieben. Gerade als er, im Mittelfeld eingesetzt, Kapitän für den verletzten Körbel, Anführer von Weises Kindergarten in der siegreichen Relegation 1984, zur Persönlichkeit zu reifen schien, konnte er sich nicht auf einen neuen Vertrag einigen, ging weg. Er hatte noch die besten Jahre vor sich, war gerade 27. Danach nur noch ein paar bedeutungslose Jahre in Bielefeld, Mannheim und der Schweiz. Immerhin dennoch ein erfolgreicher Adlerträger, Stammspieler und teilweise Leistungsträger bei einem Pokalsieg und beim UEFA-Cupsieg.
Cezary Tobolik ist für mich fast der tragischste Fall. Er war ein hochtalentierter Außenstürmer, Filigrantechniker und Dribbelkünstler, der die Massen mit seinen Tricks verzaubern konnte. Dann kam es zu einem unwürdigen Vertragspoker, bei dem die Eintracht keine gute Figur abgab. Die Optionen, ihn zu halten und etwas besser zu bezahlen, oder ihn zu einem der interessierten Spitzenclubs zu verkaufen und eine siebenstellige Ablöse zu kassieren, nahm der damalige Vorstand nicht wahr, Tobolik ging, wollte nur weg und ward fortan im Spitzenfußball nicht mehr gesehen. Er tanzte nur einen (bzw. zwei) Sommer. Statt Torschütze gegen Bayern vor 60.000 nur noch Provinz, Tristesse z.B. in Aschaffenburg.
Jörn Andersen ging als sowohl erster ausländischer als auch erster aus den Reihen der SGE stammender Torschützenkönig. Überschätzte sich und seinen Wert, ließ ein Mittelfeld von dem jeder Stürmer nur träumen konnte (allen voran Uwe Bein als Passgeber) hinter sich, unter der Vorstellung, ein echter Torjäger zu sein. Schoß nur dreimal mehr als 10 Tore in einer Saison. Kehrte wie manch anderer reumütig zurück, ohne an die alten Erfolge anknüpfen zu können.
Lothar Sippel war ein herausragender Joker, der viele seiner Tore nach Einwechslungen erzielte, dadurch viele Spiele aus dem Feuer riß. Vom Können her eher ein passabler Zweitligaspieler, der nicht ohne Grund oft auf der Bank saß, kam er auf die Idee, das Zeug zum Bundesligastammspieler zu haben und ging zu Borussia Dortmund. Dort wurde er das, was er vorher auch war, Ergänzungsspieler, aber mit deutlich schwächerer Torausbeute - lag es vielleicht an den Mitspielern?
Nicht alle verliessen die Eintracht unter gleichen Umständen, nicht alle sind für ihre Wechsel zu verurteilen, aber bei den meisten der sportlich abgestürzten läßt sich doch eine aus Gier und Selbstüberschätzung gespeiste Motivation für den Wechsel ausmachen. Die spannende Frage, die sich aus dieser Beobachtung ergibt, ist aus meiner Sicht, ob Spieler, die sich aus solchen Gründen von dem Verein abwenden, der sie groß gemacht hat, folgerichtig einen solchen Niedergang durchmachen müssen?
Andererseits ist es auch ein Charakteristikum der Eintracht, Talente versauern zu lassen, nicht richtig aufzubauen. Die interne Durchlässigkeit scheint deutlich geringer geworden zu sein.