"if you can't beat them in the alley, you can't beat them on the Ice" - (Conn Smythe) Aus dem Poesiealbum der Broad Street Bullies, der deutschen Nationalmannschaft gewidmet!

Montag, 19. November 2012

Wolfsburg will sympathisch werden

Eines der interessantesten Saisonziele - oder vielleicht auch längerfristig - aller Zeiten wurde in der vergangenen Woche in Wolfsburg ausgegeben: "Wir wollen sympathisch werden."
Bin beeindruckt, daß man dort die zum Erkennen dieser Notwendigkeit erforderliche realistische Selbstwahrnehmung hat!
Einen Anfang hat man mit der Personalentscheidung Magath versucht, den man von seinem geliebten Spurt- und Feldherrnhügel (den intern natürlich keiner Wolfsschanze nannte) gestossen hat.
Der nächste Schritt zum Sympathischwerden? Man geht einfach mal her und nimmt einem seit Jahren gewissenhaft und weitgehend seriös arbeitenden Club, der sich gerade anschickt, mit einer jungen und weniger kostenintensiven Mannschaft in aller Demut und Geduld einen Neuanfang zu unternehmen, den Manager weg. Winkt mit der Verdopplung des ohnehin schon siebenstelligen Gehalts, verspricht dazu noch Berge von Spielgeld, quasi - für deutsche Verhältnisse - die Carte blanche für die Transferliste. Sehr sympathisch.
Was kommt als nächstes? Die Mannschaft. Trainiert von Egon Coordes. Ich empfehle Gerry Ehrmann fürs Tor, Ersatzmann Wiese. Abwehr mit Norbert (Lienen aufgeschlitzt) Siegmann, Paul (Karriereende für Heinz Flohe) Steiner, Jürgen (Rückenwirbelfortsatz von Cha) Gelsdorf, fürs Mittelfeld empfehle ich Streit und Matthäus als Zwietrachtsäer und Kaderspalter, im Angriff Labbadia, der sich durch diese Wahnsinnsszene qualifiziert, in der er ungefähr drei Schwalben während einer Angriffsaktion fabrizierte, ehe er sich auf seine tatsächliche Aufgabe besann und ins Tor schoß. Das wäre doch ein geeigneter harter Kern für eine sympathische Mannschaft. Die spielen alle nicht mehr? Das hat Montgomery Burns bei der Zusammenstellung seiner Baseballmannschaft auch nicht gestört.
Für eine sympathische Außendarstellung sollten ferner noch Roger Willemsen und Dr. von Hirschhausen irgendwelche Funktionen übernehmen. Willemsen, weil ihm die Empathie aus jeder Pore quillt, er verströmt Wärme, wenn er den Mund aufmacht, er könnte jede noch so unqualifizierte Haßtirade von Uli Hoeneß vortragen und man würde sich gut fühlen. Hirschhausen, der seichte Konsens-Allesmoderierer, hat sich im Habitus und Sprachduktus fest an Willemsens Fersen geheftet, wäre somit ebenso geeignet. Im sonntäglichen Fußballstammtisch sähe ich mit Wontorra und diesen beiden dann noch den Alleserklärer und Konsensphilosophen R.D. Precht und natürlich aller Lieblingstrainer, Seitenlinienveitstänzer und Grimassenschneider (eigentlich eher Gesicht-zur-Fratze-Entsteller) J. Klopp. Hätte mit Stammtisch nicht mehr viel zu tun, ist wohl doch keine so gute Idee. Könnte man ja gleich noch M. Kässmann zuschalten.
Der Verein VfL kann natürlich nichts für die Geschichte der Gemeinde Wolfsburg und ich will zu letzterer nur schreiben, daß sie früher "Stadt des KdF-Wagens" hieß (und genausogut auch "Stadt der V1" oder "Stadt der Rüstungszulieferung unter Einsatz von Zwangsarbeitern" hätte heißen können). Wie gesagt, dafür können die Vereinsverantwortlichen nichts. Aber es fällt auf, daß hier wie dort kaum etwas natürlich gewachsen ist, stattdessen Planung auf dem Reißbrett und aus dem Boden Stampfen. Wieviele Spieler aus der eigenen Jugend haben schon für Wolfsburg in der 1. Liga gespielt?
Nun, der Relaunch der Stadt und der Autofabrik sind geglückt, aber
Fußball ist und bleibt ein Spiel, das eben von vielen auch emotional erlebt wird und die durch Wolfsburg ausgelösten Emotionen sind nun mal eher negativ. Es ist sicher um ein vielfaches leichter, eine Automarke einem erfolgreichen Imagewandel zu unterziehen, als einen Fußballverein. Je mehr VW in den VfL investiert, desto weiter werden sie ihr Ziel vom sympathischen Verein verfehlen, so unterschiedlich ist das Geschäft mit dem Fußball von dem mit dem Auto.

Wenn es doch immer so einfach wäre! Aus einem nicht erstligawürdigen Provinzsportplatz wird zunächst ein nicht erstligawürdiges Stadion mit Stahlrohrtribünen zusammengebastelt, dann schließlich die moderne state-of-the-art Hochglanzarena. Fertig ist der Spitzenfußball?





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