Der neue Kader. Neue Spieler, Neuer Trikotsponsor, Heimtrikot in rot, diese Saison auch mit Spielernamen, anders als im Vorjahr. |
Die Ausgangssituation:
Das organisierte Frankfurter Eishockey der "Neuzeit" hatte seine Geburtsstunde mit der Gründung der Eishockey-Abteilung der Eintracht 1959. Zwei Jahre später hatte die Stadt auch eine Spielstätte - die Kunsteisbahn in der Radrennbahn des Waldstadions wurde eröffnet. Nachdem die Eintracht Ende der 60er Jahre bereits zwei Jahre lang dem Eishockey-Oberhaus angehört hatte, war es im folgenden Jahrzehnt aber still um das Frankfurter Eishockey geworden. Ja, selbst diese zweijährige Erstklassigkeit ist weitgehend unbekannt geblieben, so taucht die SGE z.B. in der ewigen Bundesligatabelle im Buch "Eishockey Weltgeschichte" von Horst Eckert aus dem Jahr 1984 gar nicht auf. So nahm die Öffentlichkeit auch kaum Notiz davon, daß da ein Eishockeyteam aus der Mainmetropole existierte, immerhin noch beständig zwischen zweiter und dritter Liga pendelnd. Die Spielstätte im weitläufigen, zugigen und ungemütlichen Radstadion im Stadtwald war auch nicht dazu angetan, größere Zuschauermassen anzuziehen. Zuschauerzahlen von 10.000, wie sie aus den 60er Jahren kolportiert werden und in der Bundesliga u.a. gegen Köln, erreicht worden sein sollen, sah man in der Folge eher in einer ganzen Saison, anstatt in einem einzigen Spiel (merkwürdigerweise arbeitet man justament in Frankfurt, ca. 200 m vom ehemaligen Standort des Radstadions mit Kunsteisbahn entfernt, daran, die Bühne für ein Freiluft-Eishockeyspiel zu bereiten!). Eishockey in Hessen, dafür stand in der allgemeinen Wahrnehmung bis 1982 der VfL Bad Nauheim. Wer dort für die 1. Mannschaft nicht stark genug war und nicht bis nach Mannheim fahren wollte, der spielte bei der Eintracht, zusammen mit ein paar Eigengewächsen, die umgekehrt nicht stark genug für Bad Nauheim oder Mannheim waren. Dazu muß man wissen, daß selbst Erstligaspieler damals (70er Jahre) nicht vom Eishockeyspielen allein leben konnten, ja selbst Nationalspieler fast immer noch berufstätig waren!
So war es nur dem großen Engagement von Abteilungsleiter Günter Herold zuzuschreiben, daß die Eishockey-Eintracht überhaupt überlebte, bis endlich am Ratsweg eine auch höheren Ambitionen genügende Halle entstand und 1981 eröffnet wurde. Die Eintracht stieg prompt am grünen Tisch in die zweite Bundesliga auf (nach Saisonende 81/82), wo sie sich dann durch sämtliche Liga-Reformen, Format- und Modusänderungen hindurch etablieren konnte. Übrigens erfolgte dieser Aufstieg schicksalhaft gleichzeitig mit dem Ende des VfL Bad Nauheim in der ersten Bundesliga, so daß Frankfurt unvermittelt zur hessischen Nummer 1 wurde.
Vor der Saison 1985/86 wurde mit einem Kern bewährter Kräfte und Leistungsträger durch klug ausgesuchte Neuzugänge ein quantitativ wie qualitativ deutlich konkurrenzfähigerer Kader zusammengestellt als in den Vorjahren. Vor der Saison 85/86 hatte es eine durchaus kontrovers diskutierte Anhebung der Eintrittspreise gegeben. Wenn die Fans damals schon geahnt hätten, daß dieser sehr kritisch beurteilte Schritt der Vereinsführung mit zu dem Saisonergebnis beitragen würde, hätten sie wohl anders reagiert.
Favorisiert, die 2. Liga Nord 1985/86 zu gewinnen und in der Aufstiegsrunde die Nase vorn zu haben, war die Eintracht sicher nicht. Es erscheint aber dennoch bemerkenswert, daß fast alle 21 Spieler vor der Saison im "Eintracht-Magazin" auf die Frage, wer aufsteigen werde, die Eintracht nannten!
Die Liga war interessant besetzt und wies mit Berlin, Krefeld und Bad Nauheim Teams auf, die noch den Klang von Bundesliga hatten, wo auch der Duisburger SC vor nicht allzulanger Zeit gespielt hatte (79-81), ehe der Passfälscher-Skandal und schlechte Finanzen wieder in die Zweitklassigkeit führten. Den genannten ehemaligen Bundesliga-Teams war jedoch Ende der 70er bzw. Anfang der 80er finanziell die Puste ausgegangen, es handelte sich um Nachfolgeclubs nach Neugründungen (außer in Berlin, die Preußen hatten schon zu Zeiten des "Schlittschuhclub" in der Oberliga gespielt).
Auf dem Papier schien die Mannschaft von Preußen Berlin, die schon im Vorjahr mit Macht auf den Aufstieg gedrängt hatte (und nicht zuletzt wegen einer Niederlage in Frankfurt das Nachsehen gegenüber Bayreuth hatte) zu stark. Die Berliner hatten sich noch weiter verstärkt. Nicht nur hatten sie die Olympia- und WM-erfahrenen Ex-Nationalspieler Sigi Suttner und Uli Egen an Land gezogen, sondern auch noch Alan Sims, einen Verteidiger, der über die Schweiz und Landshut von den Boston Bruins kam und über 400 NHL-Spiele aufweisen konnte. Er hatte an der Seite von Bobby Orr verteidigt und mit Gordie Howe in dessen letzter Saison bei den Hartford Whalers gespielt (das Hockey-Pendant zu "Er hat Sinatra die Hand geschüttelt"). Und sie hatten ja immer noch Lorenz Funk, den inzwischen 37-jährigen Rekordnationalspieler und Bronzemedaillengewinner von Innsbruck, als weithin sichtbares Bindeglied zu den glorreichen 70er Jahren des "Schlittschuhclub".
Die Eintracht erwartete man eher an der Spitze der Verfolger, auf Augenhöhe mit dem Krefelder EV (mit dem Starverteidiger Vic Stanfield, Rekord-Skorer Ken Brown und auch Randy Spielvogel, einem Verteidiger, der den Saisonverlauf maßgeblich beeinflussen sollte), dem Duisburger SC mit dem Polnischen Nationalhelden Wieslaw Jobczyk (er hatte bei der polnischen Heim-WM 1976 beim legendären 6:4-Sieg gegen die für unschlagbar gehaltene UdSSR drei Tore beigesteuert; Jerzy Potz stand auch in jener tragischen Mannschaft, die am Ende wegen einer last-minute-Niederlage gegen Deutschland absteigen mußte), der ESG Kassel (mit einem Minikader, aber dem Tschechoslowakischen Ex-Weltmeister Miroslav Dvorak, der nach seinem NHL-Abstecher in der deutschen 2. Liga anheuerte(!) und den kanadischen Stars O'Brien und Langlois), sowie auch dem EC Bad Nauheim (mit den Bärenstarken Kanadiern Markell und Lochead). Bundesliga-Absteiger EHC Essen-West erwartete man etwas dahinter, den übrigen Teams im Zehnerfeld, Solingen, Braunlage und Herne traute man nichts zu - mit Recht wie sich zeigen sollte.
Erinnerungen an glorreiche Zeiten:
Der Kader der Eintracht:
die Torhüter:
Der noch 17-jährige aus dem eigenen Nachwuchs blieb als klare Nummer 3 auf die Rolle des Lehrlings beschränkt. |
die Verteidiger:
Gemeinsam mit Göbel aus der eigenen Jugend aufgerückt, bekam der 18-jährige nach Kellers Ausfall nicht ganz so viele Einsätze wie Göbel. Der war einfach einen Tick weiter in der Entwicklung. |
die Stürmer:
Günter Herold und Trainer Jorma Siitarinen hatten ihre Hausaufgaben also, wie es vor der Saison schien, ordentlich erledigt. In der vorangegangenen Saison hatte man, wie in der Liga üblich, einen Minikader, der in der Regel nur das Spielen mit vier Verteidigern (Keller, Gehrmann, Potz und Schaaf, Jahn fehlte lange verletzungsbedingt) und drei Sturmreihen gestattete. Mit dem in die Jahre gekommenen Jehner war man nicht mehr zufrieden, die Ersatzleute (Schulz und Storkebaum) waren nicht zweitligatauglich, die Besetzung der Abwehr ließ keinen Spielraum im Fall von Verletzungen zu und im Sturm war die Last des Scorens auf zu wenige Schultern verteilt (nach Erhardt, Vorlicek und Münch kam wenig). Herold und Siitarinen schafften es, daß nur Spieler den Club verliessen, mit denen man die etwas höher angesetzten Ziele nicht zu erreichen glaubte.
Der Kader war auf 21 Spieler angewachsen, man konnte 3 Verteidigungsreihen und 4 Sturmreihen aufbieten, was im Vorjahr noch nicht möglich war. Zudem war es geglückt, das Niveau deutlich zu erhöhen. So konnte man mit den besten sechs Angreifern dank der Verpflichtung der Guggemos-Brüder und Alex Groß zwei nahezu gleichwertige Sturmreihen stellen und eventuell auftretende Verletzungsausfälle besser kompensieren als in der Vergengenheit. In der Hintermannschaft ersetzte Forster den abgewanderten und lange verletzten Werner Jahn mehr als gleichwertig und auf dem Torhüterposten war man nun erstklassig besetzt. Man setzte in erster Linie auf Routine, die Neuzugänge waren, bis auf Nocon und die Jugendspieler, bundesligaerfahren und bewährt. Wenn überhaupt, dann hätte die Altersstruktur Sorge machen können, waren doch unter den Leistungsträgern die ü30-Spieler (Potz, Keller, Schoof, Vorlicek, Münch, K. Guggemos) deutlich überrepräsentiert gegenüber Spielern unter 25. Dafür brauchte man wenig Zeit, die neuen Mitspieler kennenzulernen, da sich viele alte Bekannte wiedertrafen. Die vier aus Füssen stammenden kannten sich schon aus Jugendzeiten und man traf in Frankfurt auch viele ehemalige Weggefährten von früheren Stationen wieder. Würde man einen Stammbaum der Mannschaft erstellen, so ergäben sich zahlreiche Kreuzungen. Außer den nur für die Eintracht aktiven Schulz, Göbel, Schnürr, Hartfuß und Nocon sowie Potz, Erhardt und Schaaf, die dafür aber bereits seit 1982 bzw. 1983 in Frankfurt spielten, hatte jeder aus dem Kader 1985/86 bereits an einer vorherigen Station mit mindestens einem weiteren aktuellen Eintrachtspieler zusammengespielt. Alleine dem letzten Bad Nauheimer Bundesliga-Aufgebot hatten mit Zankl, Keller, Gehrmann, Ziesch, Schoof und Münch 6 aktuelle Eintrachtspieler angehört. In Mannheim hatte Münch von 1974 bis 1979 zuerst mit Schoof, dann mit Vorlicek und Helmut Guggemos zusammen gespielt. Münch und Vorlicek waren später wieder gemeinsam in Freiburg, 1974-1976 waren beide Guggemos mit Vorlicek für Füssen am Start. Groß traf 81/82 auf Helmut Guggemos in Düsseldorf, 83/84 auf Münch in Freiburg. Diese längst nicht vollständige Auflistung zeigt einen Aspekt, der letztlich mit den Ausschlag für den unerwarteten Aufstieg der Eintracht gegeben hat: Die größte mannschaftliche Geschlossenheit aller Bewerber um den Aufstieg und der allenthalben hochgelobte Zusammenhalt untereinander. Für viele war es das letzte Gefecht und vielen war auch klar, daß sie den Weg in die Erstklassigkeit nicht mitgehen würden, aber dennoch gab jeder alles für den Aufstieg. Ein bischen Aufstiegs-DNA:
Klaus Guggemos und James Münch in Freiburg. Später spielten auch Alex Groß und Elias Vorlicek für die Breisgauer. |
Der Saisonverlauf:
Der Austragungsmodus war Mitte der 80er Jahre einigermassen beständig geworden, was für das deutsche Eishockey nach unruhigen Jahren und fast jährlichen Änderungen bemerkenswert war. Dennoch leistete sich die 2. Liga Nord wieder eine kleine Kuriosität, ohne die es dann wohl doch nicht zu gehen schien: Nach einer Achterliga im Vorjahr, die eine Dreifachrunde austrug, traten dieses Jahr wie in der Bundesliga und in der 2. Liga Süd 10 Mannschaften an. Sie spielten aber im Gegensatz zu den beiden anderen Ligen keine Doppelrunde aus, sondern, um mehr Einnahmen generieren zu können, eine Zweieinhalbrunde, also 45 Saisonspiele!? Das bedeutete am Ende 63 Saisonspiele für die nicht mehr ganz taufrischen leistungsträger der SGE.
Die Saison lief für die Eintracht prächtig an, mit einem spektakulären 7:2 Heimsieg gegen den vormaligen Erstligisten EHC Essen-West. In den ersten Wochen eilte man von Sieg zu Sieg, führte die Tabelle sogar einige Zeit an, schlug u.a. den großen Favoriten Preußen Berlin mit 7:1 (4 Erhardt-Tore). Dann, als auch das Verletzungspech in Frankfurt zuschlug, übernahmen die Berliner Preußen die Führung, wie man es eigentlich von Anfang an erwartet hatte. Die Berliner marschierten etwa ab November unangefochten vorneweg, die Eintracht war fortan an der Spitze der Verfolgergruppe, der auch noch Krefeld, Kassel, Duisburg und Bad Nauheim angehörten. Insbesondere der Kampf um Platz 4, der noch zur Teilnahme an der wesentlich lukrativeren Aufstiegsrunde berechtigte, war teilweise dramatisch, zumal ein Verpassen dieser Runde bei den oft haarscharf und teils abenteuerlich kalkulierten Budgets der Clubs über Pleite oder Fortbestehen entscheiden konnte. Nachdem es lange so ausgesehen hatte, als ob Duisburg und Bad Nauheim knapp das Nachsehen hinter Kassel und Krefeld als erste Verfolger des Spitzenduos haben würden, kam um den Jahreswechsel herum etwas Unruhe in das Geschehen. Das Gerücht machte die Runde, daß mit der Spielberechtigung des Krefelder Verteidigers Randy Spielvogel etwas nicht in Ordnung sein könnte. Dazu muß man wissen, daß damals die Regelung galt, daß ein aus dem Ausland stammender Spieler dann nicht die Kontingentstellen (2 Ausländer durfte jede Mannschaft offiziell einsetzen) belastete, wenn er sich nachweislich 18 Monate ununterbrochen in Deutschland aufgehalten und nicht aktiv am Spielbetrieb teilgenommen hatte. Dies hatte der KEV bei der Meldung von Spielvogel behauptet und zunächst auch formal nachgewiesen. Der findige Macher des Duisburger SC, Fritz Hesselmann, zweifelte die Korrektheit der Krefelder Angaben jedoch an, natürlich auch Wohl und Weh des eigenen Clubs vor Augen, und bemühte die Instanzen. Nach wochenlangem Hin und Her mit ständig wechselnden Wasserstandsmeldungen wurde letztlich die Spielberechtigung des Abwehrrecken als "Eishockey-Deutscher" für ungültig erklärt und den Krefeldern alle (40) mit Spielvogel errungenen Punkte aberkannt und die Spiele für die Gegner gewertet. Das katapultierte den eine gute Saison spielenden KEV in den Tabellenkeller, den DSC dagegen spülte es nach oben, über den Strich. Man durfte gegen Berlin, Frankfurt, Kassel, den großen SC Riessersee, Augsburg Bad Tölz und Freiburg antreten, anstatt die sportlich reizlose und wenige Zuschauer anlockende Abstiegsrunde absolvieren zu müssen. Krefeld dagegen hätte womöglich mit seiner guten Mannschaft den Verteidiger Spielvogel gar nicht gebraucht, um unter die ersten vier zu kommen, hatte sich jedoch durch seine aufgeflogene Trickserei selbst ein Bein gestellt.
Als die Punktrunde beendet und die Tabelle am grünen Tisch endgültig umgeschrieben worden war, zogen also BSC Preußen Berlin, Eintracht Frankfurt, ESG Kassel und der Duisburger SC für die 2. Liga Nord in die Auftsiegsrunde ein.
Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht abzusehen, daß die Eintracht ernsthaft ins Aufstiegsrennen einzugreifen beabsichtigte. Die nach außen vertretene Sprachregelung war eher, daß man eine bessere Rolle spielen wollte als in der Saison zuvor. Im Vorjahr hatte ich noch mitansehen müssen, wie die SGE zu Hause gegen die späteren Erstplatzierten Riessersee und Bayreuth mit 2:6 bzw. 2:5 völlig chancenlos geblieben waren, mehr als eine Nummer zu klein für die Erstklassigkeit, man hatte es aber immerhin geschafft, die Berliner 3:2 zu schlagen, wodurch man sie ein Jahr länger in der Klasse gehalten hatte. In jener Relegation 1985 war, nach einem Zwischenhoch mit 5 Siegen in Folge und Anschluß an das obere Tabellenmittelfeld mit 10-6 Punkten, die Landung auf dem Boden der Realität für die Fans sehr hart. Die zweite Hälfte der Relegation war sportlich belanglos, fand vor teils erschreckend leeren Rängen statt und war von Protesten gegen die Preiserhöhungen geprägt. 12 Monate später war es sehr schwer, Tickets für die Relegation zu bekommen und die Mannschaft übererfüllte ihr Soll.
Die Aufstiegsrunde:
Neben den aufgeführten Teilnehmern aus der 2. Liga Nord nahmen noch aus der Bundesliga der SC Riessersee und der Vorjahresaufsteiger SV Bayreuth teil, sowie aus der 2. Liga Süd der Augsburger EV, der nach der Pleite des "ERC" 1984 neu entstandene EHC Freiburg (nach einem Jahr Pause mit Startrecht in der 2. Bundesliga!), der ruhmreiche Traditionsclub EC Bad Tölz und als Überraschungsmannschaft der Saison der ERC Sonthofen. Aus dieser Gruppe ragte der AEV deutlich heraus, der Truppe ging ein Ruf wie Donnerhall voraus, da sie die ersten 30 (von 36) Spiele allesamt gewinnen konnten, am Ende mit beeindruckenden 66:6 Punkten abschlossen. Das erklärte Saisonziel war auch von Anfang an der Aufstieg gewesen, man hatte viel investiert und die Mannschaft schien alle Vorschußlorbeeren rechtfertigen zu können.
Im Norden wußte man nicht so recht, was man von diesen Leistungen halten sollte galt doch die, mit Ausnahme von Augsburg und Freiburg, von Dorfvereinen geprägte Südstaffel als sportlich schwächer denn die Nordstaffel. Dies hatte auch dazu geführt, daß in Berlin in einer launigen Runde mit Journalisten das Wort "Gurkenliga" fiel, ein Zitat, das ausgerechnet Lorenz Funk, dem Ur-Tölzer in Berliner Diensten, zugeschrieben wurde. Damit wurde den Berlinern ein Bärendienst erwiesen, denn die Südclubs zerrissen sich förmlich, wenn die Startruppe von der Spree angereist kam.
Die Favoritenrollen waren vor der Runde jedenfalls klar vergeben. Um die beiden Plätze im Oberhaus würden sich die annähernd gleich stark eingeschätzten Riesserseer, Berliner und Augsburger streiten. Für Riessersee sprach die langjährige Erstligaerfahrung. Daneben konnte man sich auf Verteidigerlegende Ignaz Berndaner, den bärenstarken, wie ein Stürmer punktenden Kanadischen Verteidiger (und späteren deutschen Nationalspieler) Ron Fischer, den immer noch zuverlässig treffenden Martin Hinterstocker und den großartigen tschechischen Spielmacher Libor Havlicek stützen, die allesamt gehobenes Erstliganiveau darstellten. Sie führten eine Truppe von einheimischen Talenten, u.a. mit dem zukünftigen Nationaltorwart Peppi Heiß, an, der immer noch zugetraut wurde, die Zweitligisten in die Schranken zu weisen.
Die Berliner hatten sich in einer umkämpften Spitzengruppe letztlich deutlich durchgesetzt und wiesen mit Torhüter Suttner, Verteidiger Alan Sims und Center Uli Egen herausragende Leistungsträger auf, die ebenfalls gehobene Erstligatauglichkeit besassen.
Für Augsburg sprach der Lauf, sie hatten die 2. Liga Süd in Grund und Boden gespielt und geschossen, brachten fünf Spieler in die Top 10 Scorer. Dabei stützten sie sich insbesonder auf die Sturmpaare Rick Laycock/Dave Sherlock und Alexej Sulak/Jiri Brousek. Der zweite (offizielle) Ausländer, Damien Steiert, war auch noch deutlich über dem Durchschnitt. Hinzu kam in Klaus Merk ein Jahrhunderttalent im Tor. Außerdem besassen die Schwaben ein frenetisches Publikum, das in der Lage war, das zugige Kurt Frenzel-Stadion (offiziell 7.000 Plätze, es wurden wohl gerne auch mehr reingelassen) in einen Hexenkessel zu verwandeln. So waren etwaige Schwächen in der Kaderzusammensetzung lange Zeit nicht sichtbar geworden. In der Verteidigung war man insgesamt nur solider Durchschnitt, etwas, was sich gegen die stärkere Konkurrenz der Relegation rächen könnte - und was letztlich evtl. den Ausschlag gab.
Dahinter sah man am ehesten die um ein Jahr Erstligaerfahrung reicheren Bayreuther, die mit dem inzwischen 33-jährigen Vladimir Vacatko immerhin eine echte Eishockeylegende aufboten. Es blieb nur zu klären ob eine Saison in der 1. Liga das Team gestärkt hatte oder ob es mürbe gemacht hatte, durchgehend die rote Laterne zu tragen.
Ferner - ohne echte Aufstiegschancen - Frankfurt, Kassel und vielleicht noch Freiburg, den Süddritten, der immerhin mit Torhüter Jiri Crha und Verteidiger Milan Chalupa hochdekorierte CSSR-Helden mit NHL-Vergangenheit aufweisen konnte.
1. Spieltag (14.02.86): Berlin stolpert aus dem Startblock!
Berlin hatte gleich zum Auftakt die Chance, zu Hause gegen den Noch-Bundesligisten Bayreuth zu zeigen, wo es langgehen sollte. Die Preußen verpatzten jedoch den Auftakt, unterlagen mit 4:5. Ansonsten war allenfalls noch die Höhe des Riesserseer Sieges in Kassel (7:0) überraschend. Augsburg, der Mitfavorit aus dem Süden bestätigte seinen Ruf mit einem klaren 10:2 gegen Freiburg. Die Eintracht siegte in Sonthofen mit 3:0, durch 2x Klaus Guggemos und Vorlicek, ohne daß dieses Resultat Aufschlüsse geben konnte, wo die Eintracht steht.
2. Spieltag (16.02.86): Endgültig schwarzes Auftaktwochenende für den BSC, Riessersee, Augsburg und Bayreuth souverän!
Ganz anders das erste Heimspiel der SGE, das gleich die schon unter Zugzwang stehenden Preußen an den Ratsweg führte. Berlin legte los wie die Feuerwehr und führte schon nach 78 Sekunden mit 1:0 (Egen). Dann erholte sich die Eintracht langsam, machte ihrerseits Druck, scheiterte aber mehrfach am glänzend aufgelegten Sigi Suttner im Berliner Tor. Ein unglücklicher Treffer auf die Maske des Alt-Internationalen durch Toni Forster brachte dann die Wende des Spiels. Suttner mußte raus und die Eintracht traf durch Forster und Vorlicek noch im ersten, sowie Schoof im letzten Drittel. Berlin verkürzte nochmals durch Egen, doch ein Empty-Net-Treffer von Erhardt entschied die ungeheuer spannende Partie für den Nord-Zweiten gegen den Klassenprimus. Die Berliner Aufstiegsambitionen hatten nach dem Auftaktwochenende mit 0-4 Punkten schon einen empfindlichen Dämpfer erhalten, sie standen somit fast schon mit dem Rücken zur Wand. Neben der Eintracht waren auch die beiden Erstligisten und die Augsburger prächtig aus den Startlöchern gekommen und hatten die Konkurrenz deutlich in die Schranken gewiesen (DSC - AEV 1:7; SVB - ERCS 11:1; SCR - Tölz 6:1), während Kassel nach dem ersten Wochenende auch nur einen Punkt auf der Habenseite hatten (3:3 in Freiburg).
3. Spieltag (21.02.86): Erste Schlappe für Bayreuth!
Nach Berlin bekam die Eintracht im nächsten Heimspiel gleich den nächsten dicken Brocken vorgesetzt, die sehr stark gestarteten Bayreuther, ja u.a. in Berlin siegreich gewesen. Die fast 6.000 Zuschauer in der proppenvollen Halle trauten ihren Augen kaum, was sie in den 60 Minuten zu sehen bekamen. Schon nach 17 Sekunden brachte Jerzy Potz die Eintracht in Front und die Siitarinen-Jungs beherrschten die Partie anschliessend nach belieben, sie spielten sich geradezu in einen Rausch. Groß im ersten, Erhardt und Münch im zweiten und nach dem zwischenzeitlichen 1:4-Anschlußtreffer Vorlicek und Zimlich binnen 15 Sekunden im letzten Drittel besiegelten einen Sieg, der in der Deutlichkeit sicher nicht erwartet worden war. Hatte schon gegen Berlin eine erstligareife Stimmung geherrscht, so glich die Halle am Ratsweg gegen Bayreuth dank des frühen Führungstreffers während der gesamten Spieldauer einem Tollhaus.
Durch den Sieg blieb die Eintracht im Gleichschritt mit dem AEV (6:1 gegen Kassel) und SCR (10:3 gegen Duisburg). Auch Berlin landete seinen ersten Sieg, indem der EHC Freiburg mit 10:3 abgefertigt wurde, damit die zweite zweistellige Niederlage im zweiten Auswärtsspiel für die Breisgauer.
4. Spieltag (23.02.86): Da waren es nur noch zwei, erste Niederlage jetzt auch für Riessersee!
Die SGE mußte nach Duisburg, zum einzigen noch punktlosen Team der Runde. Dennoch kein Selbstläufer für die Adlerträger, man kannte einander seit Jahren, es waren fast immer enge, hart umkämpfte und hitzig geführte Begegnungen, meist auf Augenhöhe. Es wurde denn auch ein ganz hartes Stück Arbeit für die Frankfurter, zumal Duisburg schon nach fünf Minuten 2:0 führte (durch Jobczyk und den zukünftigen Frankfurter Thomas Werner). Die Eintracht war zwar in der Folge drückend überlegen, tat sich aber sehr schwer und brauchte nach dem Anschluß durch Schoof in der 23. Minute bis zur 48. Minute, ehe Vorlicek endlich ausglich und Münch nur kurz danach die erste Führung erzielte. Letzterer war es auch, der mit seinem zweiten Treffer des Spiels die endgültige Entscheidung brachte. Wie schon gegen Berlin war Torhüter Zankl überragend und mit ausschlaggebend für den Sieg.
Gleichzeitig siegte der AEV in Bayreuth mit 5:4 und blieb im Soll, alles einlösend, was man von der Mannschaft erwartet hatte. Nachdem der SC Riessersee überraschend bei den bis dahin sieglosen Freiburgern mit 2:6 unterlegen war, waren Augsburg und Frankfurt die einzigen verbleibenden Mannschaften mit weißer Weste. Der SCR zwei Punkte dahinter und dann schon die jeweils zweimal geschlagenen Bayreuther und Berliner (12:3 in Sonthofen) mit je 4-4 Punkten bildeten die Top 5 der Tabelle. Interessant, daß die armen Bayreuther schon gegen Berlin, Augsburg und Frankfurt antreten mussten, die vorab zu Favoriten erklärten Garmischer, Augsburger und Berliner jedoch noch nicht gegeneinander spielen mussten. Auch die Eintracht hatte mit Berlin und Bayreuth schon zwei Schwergewichte auf dem Plan gehabt.
Schoss die Tore 3 und 4 zum 4:2-Sieg in Duisburg, im wie meistens gegen diesen Gegner hart umkämpften Match. |
5. Spieltag (28.02.86): Eintracht weiter im Gleichschritt mit Augsburg, Bayreuth fällt ab!
Die 6.000 Besucher, die am 28.02. gegen Kassel da waren, werden diese Partie wohl ihren Lebtag nicht vergessen können. Ein Spiel, das sich noch 50 Jahre später die Enkelkinder anhören werden müssen. So wie mein Freund, der im ersten Drittel noch gesagt hatte "wisst ihr, wer hier gewinnt, geht mir eigentlich am Arsch vorbei, haupstsache, ich sehe ein gutes Spiel", sich ein Leben lang etwas anhören werden muß oder die Jungs - ich kenne sie, wahre aber ihre Anonymität -, die 10 Minuten vor Schluß die Halle verlassen hatten.
Was war also geschehen? Kassel, mit nur 3-5 Punkten eigentlich aus dem Aufstiegsrennen, spielte abgezockt und eiskalt, humorlos-opportunistisch, konterte die müde und etwas überspielt wirkende Eintracht erbarmungslos aus und führte 3:0 und hatte das Spiel komplett im Griff. Die Eintracht versuchte zwar verzweifelt, heranzukommen, traf auch zweimal den Pfosten, aber insgesamt kam das Gefühl auf, sie könnten noch stundenlang spielen, ohne zu treffen. Doch dann brach die 52. Minute an und ein weiterer Angriff der Eintracht schien gescheitert, als Routinier Vorlicek aus ungünstiger Position den Kasseler Heinrich anschoß, von dem der Puck ins Tor sprang. Die auch schon am Verzweifeln gewesenen Fans der Frankfurter schöpften neue Hoffnung und peitschten die Mannschaft wieder nach vorne. Nur 16 Sekunden nach diesem Treffer erzielte Forster mit einem Schlagschuß von der blauen Linie den Anschluß. Weitere gute zwei Minuten später traf erneut Forster, mit einer Kopie seines ersten Tores. Als es schon kein Halten mehr gab und die Stimmung nochmals frenetischer war als gegen Bayreuth, die Zuschauer sich noch nicht wieder hingesetzt hatten, traf auch noch Klaus Guggemos zum Sieg der Eintracht, gerade mal 16 Sekunden nach dem Ausgleich. Insgesamt hatte die Eintracht 2 Minuten und 43 Sekunden für diese vier nicht mehr für möglich gehaltenen Tore gebraucht.
Währenddessen siegten die Augsburg weiterhin hoch (9:2 gegen Sonthofen), der SCR kehrte gegen Bayreuth mit einem 6:1 in die Erfolgsspur zurück und stieß zugleich die Franken Richtung Abgrund. Auch Berlin siegte gegen Duisburg mit 7:5 und hoffte auf Ausrutscher der drei Führenden.
Typisches Bild der ersten 52 Minuten: Die Eintracht gestoppt (hier die gesamte 2. Sturmreihe auf 10 qm festgelaufen), Kassel startet zum Konter. |
Typisches Bild der Minuten 53 bis 56: Die Eintracht kommt aus dem Jubeln nicht mehr raus. (damals durfte noch die gesamte Mannschaft aufs Eis, wenn ein Tor erzielt worden war) |
6. Spieltag (02.03.86): Augsburg und Eintracht erwischt es schließlich auch - da waren es wieder drei!
War es der Eintracht im hochdramatischen Freitagsspiel gegen Kassel noch gelungen, ein verloren geglaubtes Spiel in sensationeller Weise zu drehen, so mussten sie in Bad Tölz schließlich doch dran glauben. Nach 1:0-Führung durch Münch drehten die nie aufgebenden Tölzer das Spiel und zogen auf 3:1 davon. Die etwa 400 mitgereisten Frankfurter Fans durften kurz an ein ähnliches Wunder wie zwei Tage zuvor glauben, als in der 26. Minute Vorlicek und Erhardt binnen nur 9 Sekunden ausglichen, aber danach ging bei der Eintracht nichts mehr und der Altmeister siegte mit 5:3.
Gleichzeitig musste die andere noch verlustpunktfreie Mannschaft, der AEV, erstmals gegen einen der absoluten Topfavoriten ran. Im alterwürdigen Olympiastadion von Garmisch-Partenkirchen machte der zehnfache Meister Riessersee klar, daß er seinen Platz im Oberhaus nicht ohne weiteres hergeben wollte. Die sieggewohnten Lechstädter erhielten eine ungeahnte Lehrstunde und fuhren mit einer 7:1-Packung nach Hause.
Auch die Berliner erhielten in ihrer Aufholjagd einen kleinen Dämpfer, da sie in Kassel nicht über ein 2:2 hinauskamen, während die zuletzt arg gerupften Bayreuther endlich wieder siegten (7:2 in Freiburg).
Nach 6 Spieltagen waren also Augsburg, Riessersee und Frankfurt mit 10-2 Punkten gleichauf an der Spitze, Belin folgte mit 7-5 und Bayreuth mit 6-6. Man konnte gespannt sein, wie Frankfurt und Augsburg ihre ersten Niederlagen verkraften würden, so langsam den Atem der Berliner im Nacken spürend. Diese widerum sollten am folgenden Wochenende die große Chance haben, wieder ranzukommen, da sie zuerst Riessersee empfingen und dann nach Augsburg mußten. Riessersee mußte seinerseits nach dem Gipfeltreffen in Berlin zu Hause gegen die Eintracht antreten, die ja nach dem bisherigen Verlauf noch zur Spitzengruppe gehörte.
7. Spieltag (07.03.86): Klatsche für SCR!
Die Eintracht zeigte sich gut von der enttäuschenden Leistung und Niederlage in Bad Tölz erholt und erhielt auch den richtigen Gegner zur richtigen Zeit. Die Fans am Ratsweg bekamen gegen Freiburg endlich auch einmal ein Schützenfest zu sehen. Erhardt (3), Schoof und Hartfuß (je 2), Münch, Helmut Guggemos, Klaus Guggemos und Ziesch schossen ein 11:1 heraus. Die Zuschauer hatten dabei auch ihren Spaß mit dem Freiburger Keeper Jiri Crha, der sich im ersten Drittel selbst auswechselte, wutentbrannt in die Kabine entschwand, in der Pause vom Trainer zur Raison gebracht, im zweiten Drittel wieder im Tor stand, um dann nach drei Treffern innerhalb von 87 Sekunden endgültig das Feld zu räumen. Übrigens, trotz der großen Überlegenheit der Eintracht fiel Chalupa auf Freiburger Seite stark auf: selten habe ich einen so eleganten, läuferisch starken Verteidiger gesehen, ein absoluter Ausnahmespieler.
Unglaublicherweise endete das Aufeinandertreffen von Berlin und Riessersee mit fast dem selben Ergebnis, 11:2. Die völlig entfesselt aufspielenden Berliner verprügelten den Altmeister nach allen Regeln der Kunst, festigten ihre Lauerstellung und meldeten wieder ihre Anwartschaft auf die erste Liga an.
Die übrigen Partien brachten nichts neues, Augsburg siegte wieder hoch, Bayreuth auch.
8. Spieltag (09.03.86): Die ersten vier im direkten Vergleich - Eintracht is for real!
Hätte es noch eines Beweises bedurft, daß die Eintracht wirklich einer der ernsthaften Anwärter auf den Aufstieg ist, ihr Auftritt im Olympiastadion von Garmisch wäre es gewesen. Die Riesserseer, eine Woche zuvor noch mit 7:1 gegen Augsburg siegreich, fanden gegen eine sehr selbstbewußt und abgeklärt auftretende Eintracht keine Mittel und mußten sich sensationell mit 0:5 geschlagen geben. Die Werdenfelser zeigten sich zwar erholt von der bösen Klatsche von Berlin und machten immer wieder Druck, konnten aber die geschickt verteidigenden Frankfurter mit ihrem überragend haltenden Peter Zankl nicht überwinden, die ihrerseits immer die richtige Antwort parat hatten. Die Eintracht trat auf, als wäre sie der Erstligist, traf in der 10. und 11. Minute durch Erhardt und Vorlicek, der im Mitteldrittel noch das beruhigende 3:0 folgen ließ. Nochmals Vorlicek per Shorthander und Klaus Guggemos machten im Schlußdrittel gegen die inzwischen resignierenden Riesserseer alles klar zum nicht erwarteten Endstand von 5:0. Drei Tage vor seinem 35. Geburtstag hatte Elias Vorlicek die Eintracht mit seinem Hattrick erstmals auf den ersten Platz geschossen, da sich gleichzeitig Augsburg und Berlin 2:2 trennten. Da Bayreuth in Bad Tölz unterlag, sah es nach 8 von 18 Spieltagen so aus, als sollten die zwei Plätze in der Bundesliga zwischen Frankfurt (14-2 Punkte), Augsburg (13-3), Berlin (10-6) und Riessersee (10-6) verteilt werden, wobei sich die zwei führenden Teams schon leicht abgesetzt hatten, jedoch in der darauffolgenden Woche direkt aufeinandertreffen würden.
9. Spieltag (14.03.86): Spitzenduo trennt sich Remis, Bayreuth so gut wie abgestiegen!
Zum Hinrundenende kam es zum brisanten Duell zwischen dem Erst- und dem Zweitplatzierten. Von den Spielplangestaltern wahrscheinlich nicht so geplant, war es die Chance für die Eintracht, ihren Vorsprung auf 3 Zähler auszubauen, für den AEV, die Spitze zu übernehmen. Es wurde ein enges, intensives Spiel auf hohem Niveau, der Tabellenkonstellation vollauf gerecht werdend, mit leichten Vorteilen für die Augsburger. Das 2:2 war etwas glücklich für die Eintracht, die sich nach der 1:0-Führung durch Groß bei Torhüter Zankl bedanken konnte, daß die mächtig drückenden Augsburger nur zu zwei Toren kamen. Als Prokop in der 55. Minute die Führung der Gäste erzielt hatte, schien die Eintracht mit ihrem Latein gegen die sehr starken Schwaben schon am Ende, aber Vorlicek, mit seinem 10. Treffer in der Aufstiegsrunde, schaffte 36 Sekunden vor der Schlußsirene noch den Ausgleich.
An den übrigen Schauplätzen blieben Überraschungen im Wesentlichen aus, sieht man von der Heimniederlage des SVB gegen Kassel ab, die wohl den Abstieg der Bayreuther nach einem Jahr Bundesliga besiegelte. Die Kasseler dagegen schlichen sich langsam an die Spitzenränge heran. Riessersee in Sonthofen (7:5) und Berlin gegen Bad Tölz (5:3) landeten Pflichtsiege.
Zur Halbzeit der Aufstiegsrunde war also die Eintracht unerwartet Erster mit beeindruckenden 15-3 Punkten, einen Punkt dahinter, nicht überraschend, Augsburg, gefolgt von Berlin und Riessersee mit jeweils 12-6. Ein Schlüssel für die sehr gute Ausgangsposition der Frankfurter, mit der so nicht zu rechnen gewesen war, war, daß man gegen die großen drei, Berlin, Riessersee und Augsburg 5-1 Punkte geholt hatte und sich nur mit der Niederlage in Bad Tölz einen Ausrutscher geleistet hatte. Die Konkurrenz, die die Eintracht vermutlich nicht auf der Rechnung gehabt hatte, ließ deutlich mehr Federn, untereinander aber auch gegen die vermeintlich leichteren Gegner.
Zwischenbemerkung des Autors: 2 Tage nach dem Augsburgspiel versäumte ich erstmals ein Heimspiel, weil am nächsten Tag meine erste Abiturarbeit anstand. Danach flog ich mit meinen Eltern nach Südafrika, wo ich von jeglichen Informationen über das weitere Geschehen abgeschnitten war. Erst am Tag des Rückfluges sah ich in Johannesburg in der FAZ den Tabellenstand vor dem letzten Wochenende. Oben erwähnter Freund, dem gegen Kassel noch egal gewesen war, wer gewinnt, trat mir seine Karte für das Riessersee-Spiel ab, mit den Worten "Ich glaube, bei Dir ist sie besser aufgehoben". Karten für Augsburg hatten wir auch schon.
10. Spieltag (16.03.86): Rückschläge für Berlin und Riessersee!
Während die Eintracht nach dem aufreibenden Gipfeltreffen gegen Augsburg günstigerweise mit Sonthofen einen Gegner zum Regenerieren erhielt und einen ungefährdeten Kantersieg landete, taten sich die Verfolger deutlich schwerer. Dabei konnte die SGE mit dem 14:2 auch im Torverhältnis den Spitzenplatz einnehmen.
Augsburg tat sich beim 5:4 in Freiburg schwer, blieb aber weiter auf Tuchfühlung zur Eintracht. Dagegen wurde die Lage des SC Riessersee nach der 3:5-Heimniederlage gegen Kassel langsam besorgniserregend. Kassel, das damit an einem Wochenende beide Noch-Erstligisten auswärts geschlagen hatte, zog nach Punkten sogar mit dem SCR gleich, beide hatten nun 12-8 Punkte. Das bedeutete schon 4 Punkte Rückstand auf den ersten Aufstiegsrang, bei noch 8 verbleibenden Spielen. Berlin holte in Bayreuth auch nur einen Punkt, blieb damit drei Punkte hinter den Augsburgern.
11. Spieltag (21.03.86): Spitzenduo verliert!
Während die Eintracht einen schweren Gang nach Berlin absolvieren mußte, hatten die übrigen Verfolger leichtere Aufgaben. Aufgrund des guten Punktestandes konnte die SGE die 1:3-Niederlage in Berlin verschmerzen, lag dennoch weiterhin im Soll. Ein bischen ärgerlich, daß es wohl eine Bierprämie gegeben hatte, die die Augsburger den Berlinern für den Fall eines Sieges versprochen haben sollen.
Während andernorts Riessersee seine Pflicht mit einem 3:2 in Bad Tölz gerade noch erfüllte, gab es für die Augsburger eine nicht einkalkulierte Heimniederlage gegen den Duisburger SC. Ebenfalls siegreich blieben die Kasseler, die gegen die Auswärts ziemlich abwehrschwachen Freiburger ein 9:4 feiern konnten, sowie die mittlerweile klar abgeschlagenen Bayreuther (4:0 in Sonthofen).
12. Spieltag (23.03.86): Eintracht hält Konkurrenz weiter auf Abstand und wieder patzt ein Großer!
Nach der hinnehmbaren Niederlage in Berlin mußte die Eintracht an diesem Doppelwochenende erneut auswärts ran, diesmal beim Noch-Erstligisten SV Bayreuth. Die Bayreuther waren zwar schon aus dem Rennen, hatten aber gegen die Spitzenteams schon mehrmals den Spielverderber gegeben, so daß also Vorsicht geboten war. Wie sehr, das merkte die Eintracht schnell, genauer nach zwei Minuten. Da führte der SVB nämlich schon mit 2:0! Die Eintracht zeigte aber wie im gesamten Verlauf der Runde starke Nerven, Moral und Nehmerqualitäten. Noch im 1. Drittel gelang per Doppelschlag durch Hartfuß und Groß der Ausgleich (15. + 17. Min.), einem torlosen Mitteldrittel mit vielen vergebenen Chancen der Eintracht, folgte dann ein turbulenter Schlußabschnitt. Zunächst erzielte Potz in der 42. Minute die Führung, dann folgte ein Sturmlauf der Bayreuther, die immer wieder am exzellenten Zankl im Eintracht-Tor scheiterten. Dann machte die Eintracht in der 59. Minute sage und schreibe 3 Kontertore zu einem noch klar scheinenden 6:2. Forster, Erhardt und Vorlicek brauchten nur 52 Sekunden für die drei Treffer, gegen einen allerdings auch alles auf eine Karte setzenden Gegner.
Dieser Sieg wurde noch zusätzlich veredelt durch die Tatsache, daß Berlin in Freiburg mit 5:2 unterlag, eine Niederlage, die sich der BSC eigentlich nicht leisten konnte. Auch Riessersee strauchelte leicht, kam in Duisburg nicht über ein 5:5 hinaus. Nur Augsburg erfüllte sein Soll mit einem 4:2 in Kassel. Es schien fast so, als würde jeden Spieltag ein anderer Favorit patzen und im Aufstiegsrennen scheinbar an Boden verlieren.
Nach diesem Wochenende und 12 absolvierten Spielen stand die Eintracht also immer noch ganz oben in der Tabelle (19-5), Augsburg weiterhin einen Punkt dahinter, gefolgt von den punktgleichen Berlinern und Riesserseern, die bei je 15-9 Punkten trotz noch ausstehender direkter Vergleiche (SCR noch gegen SGE und AEV, aber beide auswärts; BSC zu Hause gegen AEV) auf Ausrutscher des Spitzenduos hoffen mußten, ohne sich selbst noch welche leisten zu dürfen. So langsam konnte man auch in Frankfurt (und Augsburg) zu rechnen beginnen, wieviele Punkte man noch holen mußte, um aufzusteigen. 9 Punkte aus 6 Spielen würden ganz sicher reichen, da Riessersee und Berlin auch noch direkt aufeinander trafen wahrscheinlich auch weniger.
13. Spieltag (27.03.86): Augsburg läßt einen Punkt liegen!
Die Bayreuther, nur noch rechnerisch zu retten, nahmen wieder einmal ihre Rolle als Spielverderber ein, diesmal entführten sie aus Augsburg einen Zähler. Das 5:5 könnte dem AEV noch wehtun, der Druck für die noch ausstehenden Duelle gegen alle drei anderen Teams aus den Top 4 wurde so jedenfalls für die Fuggerstädter spürbar größer. Da die anderen Bundesliga-Anwärter alle siegten (BSC - Sonthofen 9:1; SCR - EHCF 5:3; SGE - DSC 6:3), hatte der AEV in Relation zu den anderen einen Punkt eingebüsst.
14. Spieltag (29.03.86): Lange Gesichter in Augsburg und Berlin, Riessersee lachender Dritter!
Nach dem "Pflichtsieg" gegen Duisburg hatte die Eintracht in Kassel eine schwere Aufgabe vor sich. Nicht nur hatte die SGE während der ganzen Punktrunde Schwierigkeiten mit den Nordhessen gehabt und auch im Hinspiel lange wie der sichere Verlierer ausgesehen, nein die Kasseler besassen sogar noch Außenseiterchancen. Fast unbemerkt hatten sie sich an das Spitzenquartett herangeschlichen und lagen nur einen Punkt hinter Berlin und Riessersee. Das Spiel erwies sich dann auch als die befürchtete Schwerstarbeit. Zwar führte die Eintracht durch Erhardt und Groß 2:0 und später nach weiterem Erhardt-Treffer mit 3:1, aber sie konnten sich, auch wegen einiger Verletzungsausfälle, nie sicher sein und mußten letztlich auch mit einem 3:3 zufrieden sein.
Der Spieltag hatte es aber auch ansonsten in sich, weshalb der Punkt in Kassel sehr wertvoll werden sollte. Gleichzeitig hatten nämlich Augsburg in Sonthofen und Berlin in Duisburg ungleich leichtere Aufgaben als die Eintracht, versagten aber beide. Sonthofen siegte 8:6 und verdoppelte damit sein Punktekonto! Allerdings mußte man dem Südmeister zugute halten, daß er arges Verletzungspech hatte. Die Torhüter Nummer 1 und 2 fielen aus, der Juniorenkeeper ebenfalls. Die etatmässige Nummer 2, Thomas Schön, mußte sich mit gebrochenen Fingern auf der Bank bereit halten, derweil die Notverpflichtung Jens Casten völlig indisponiert war und die Niederlage auf seine Kappe nehmen mußte.
Berlin unterlag mit 5:9. Anstatt einen Punkt auf die Eintracht gutzumachen, verloren sie also einen. Da sich Riessersee in Bayreuth mit einem 5:1 schadlos hielt, waren die Werdenfelser plötzlich punktgleich mit Augsburg. Zur Erinnerung: nach dem 10. Spieltag lag der SCR vier Punkte hinter dem AEV! Noch wurde Augsburg in den Medien zwar als Zweiter geführt, aber bei Punktgleichheit entschied der direkte Vergleich und durch das 7:1 des SCR in der Hinrunde schien der AEV hier schlechte Karten zu haben.
Die Tabellenspitze nach 14 von 18 Spielen:
1. Eintracht 72:29 Tore, 22- 6 Punkte
2. AEV 74:48 19- 9
3. SCR 68:49 19- 9
4. BSC 74:47 17-11
5. Kassel 70:51 17-11
15. Spieltag (04.04.86): Augsburg schafft Befreiungsschlag nicht!
Der besagte direkte Vergleich zwischen Tabellenzweitem und -drittem fand eine bundesligawürdige Kulisse (gerüchteweise 9.000 Zuschauer in Augsburg) und sah ebensolche Leistungen. Am Ende stand ein 3:3 Unentschieden, das dem SCR mehr nutzte als den Augsburgern, da es zwar keine Veränderungen im Punkteverhältnis nach sich zog, aber den direkten Vergleich endgültig zugunsten des Noch-Erstligisten entschied.
Berlin schlug zwar die ESG Kassel klar mit 6:1, war aber inzwischen mehr denn je darauf angewiesen, auf die anderen Plätze zu schauen.
Die Eintracht, bei der in den zurückliegenden Wochen auch das Verletzungspech zugeschlagen hatte, spielte zu Hause nur 3:3 gegen Bad Tölz. Da man sich auf Augsburg/Riessersee konzentrieren konnte, Berlin lag schon zu weit zurück, war dieser Punktverlust aber kein Beinbruch. Dennoch sorgte man sich am Main, ob der leicht überalterten Mannschaft auf der Zielgeraden vielleicht doch noch die Puste ausgehen würde. Nicht von Anfang an auf Jedermanns Rechnung, wäre zwar in Frankfurt, anders als in Augsburg oder Berlin, weder vor Saisonbeginn, noch zum Start der Aufstiegsrunde, ein Nicht-Aufstieg als Enttäuschung bezeichnet worden, aber jetzt hatte die Überraschungsmannschaft plötzlich auch etwas zu verlieren. Andererseits hatte man immer noch seinen 3-Punktevorsprung auf Augsburg und Riessersee, 4 Zähler auf Berlin.
16. Spieltag (06.04.86): Eintracht fast durch, Berlin fast weg!
Nach 2 Unentschieden in Folge wollte die Eintracht in Freiburg mit einem Sieg Zweifel am Aufstieg zerstreuen und mit dem Polster von 3 Punkten Vorsprung ins finale Wochenende gehen. Nach 40 Minuten stand es "nur" 3:3, aber die Eintracht konnte noch etwas zusetzen und siegte letztlich ungefährdet mit 7:4. Die Tore erzielten H. Guggemos (2), Erhardt, Münch, Groß, Schoof und Potz. Mit dem gleichen Ergebnis gewann der AEV in Bad Tölz, so daß man gespannt nach Garmisch blickte, wo der 10-fache Meister SCR den BSC Preußen erwartete. Für die Berliner eine Woche der Wahrheit, denn am darauffolgenden Spieltag erwartete man den AEV an der Spree. Mit zwei Siegen gegen beide direkt vor Berlin liegenden Mannschaften und Niederlagen der Eintracht wäre die Saison noch zu retten gewesen. Es kam anders, der Bundesligist behielt die Nerven, siegte 6:2 und stürzte damit den BSC in tiefe Depression. Wenn nichts völlig außergewöhnliches am letzten Wochenende passieren würde, bedeutete dies noch ein Jahr 2. Liga für den Club von der Spree, der sich als gefühlter Nachfolger des Berliner Schlittschuhclub zu höherem berufen gesehen hatte.
Nun ging also die Eintracht tatsächlich mit drei Punkten Vorsprung ins letzte Doppelwochenende. Zwar hatte man mit Riessersee zu Hause und Augsburg auswärts ein hartes Restprogramm, aber man mußte, um ganz sicher zu gehen, aus den beiden Begegnungen nur einen Punkt holen! Berlin, das Augsburg empfing, konnte die Eintracht nicht mehr einholen, mit einem Sieg aber der SGE den Aufstieg bescheren, selbst wenn Frankfurt keine Punkte mehr holte!
1. Eintracht 82:36 25- 7
2. SCR 77:54 22-10
3. AEV 84:55 22-10
4. BSC 84:54 19-13
Impressionen aus Freiburg 2: 7x Torjubel auf fremdem Eis, so wie hier durch Helmut Guggemos. Relativ fremdes Eis, denn mehrere Ex-Freiburger im Eintracht-Trikot trugen sich in die Scorer-Liste ein. |
17. Spieltag (11.04.86): Eintracht kehrt ins Oberhaus zurück!
Alles war für ein großes, würdiges Aufstiegsfinale angerichtet in Frankfurt. Der Erste empfing den Zweiten in einer erstligareifen Halle, vor einem erstklassigen Publikum und das 3. Programm übertrug live (wohl dem, der in der Halle war, denn die TV-Übertragung war dilletantisch, wie vom HR nicht anders zu erwarten). Ob nur 6.000 oder vielleicht doch ein-zweitausend mehr drin waren wird wohl das Geheimnis von Günter Herold und Klaus Gramlich bleiben, jedenfalls lag eine Spannung in der Luft, als ginge es um die deutsche Meisterschaft. Die Fans peitschten die Eintracht bedingungslos nach vorne und die Mannschaft war dem Druck gewachsen, wenn auch eine leichte Nervosität angesichts der historischen Chance im ersten Drittel spürbar war. Die Riesserseer hatten auch noch etwas zu verlieren, hätten im schlimmsten Fall noch absteigen können und hielten daher stark dagegen. In einer heiß umkämpften Partie behielt die Eintracht durch unwiderstehlichen Einsatz die Oberhand, wie so oft gestützt auf den überragenden Peter Zankl im Tor, den Fels in der Brandung Jerzy Potz, Antreiber Toni Forster und den Wirbelwind Trevor Erhardt. Im zweiten Drittel platzte der Knoten bereits in der 1. Minute, als Erhardt die SCR-Führung aus der 15. Minute ausglich, dem folgten ebenfalls im Mitteldrittel 2 weitere Treffer durch Erhardt und Groß und das Spiel war entschieden. Im Schlußdrittel traf erneut Erhardt zum 4:1, ein Treffer von Havlicek in der vorletzten Minute war nurmehr Kosmetik. Neben Erhardt und seinen Nebenleuten Münch und Schoof (vertretungsweise für Helmut Guggemos) ragte die beste zweite Sturmreihe der gesamten Runde heraus, aus der das kaum zu stoppende Traumduo Vorlicek/Groß hervorzuheben war. Einen seiner 3 Treffer erzielte Erhardt, indem er, nachdem er einen Schuß über und neben das Tor gesetzt hatte, den Abpraller von der Bande aufnahm und einschob! Den Rest besorgte die Abwehr, unterstützt von der kompletten Mannschaft, die nochmal alles in die Waagschale warf, zurückarbeitete, Schüsse blockte usw.. Es war vollbracht, die Eintracht aus eigener Kraft, egal wie die anderen Begegnungen ausgingen, stand als erster Aufsteiger fest! Nach der Schlußsirene stürmten Zuschauer aufs Eis, stürzten sich in das Getümmel mit den Jubelpyramiden bildenden Spielern, eine gigantische Party nahm ihren Lauf.
Gleichzeitig schlug Berlin den AEV an der Jaffestraße mit 7:4, wahrte damit die theoretische Chance auf den Aufstieg, dann nämlich, wenn Riessersee im letzten Spiel zu Hause gegen Sonthofen nicht gewinnen sollte und Augsburg nicht gegen die Eintracht siegte. Wenn entweder der SCR oder der AEV gewännen, wäre Berlin aus dem Rennen. Auch Augsburg war auf Schützenhilfe angewiesen, der Aufstieg war nur noch möglich, wenn Sonthofen in Garmisch punkten würde. Ausgerechnet Sonthofen, wo der AEV zwei Wochen zuvor durch die unfassbare 6:8-Pleite entscheidende Punkte gelassen hatte!
Eigentlich ohne Worte: Matchwinner Erhardt und sein Coach nach der Schlußsirene des 4:2 gegen Rießersee in der Kabine. |
18. Spieltag (13.04.86): SC Riessersee folgt der Eintracht in die Bundesliga bzw. bleibt drin!
So sah das Augsburger Stadion einst aus. Es reicht, sich ein Dach drüber vorzustellen, sonst hatte sich 1986 nicht viel geändert. |
Um es kurz zu machen: Riessersee tat den lauernden Verfolgern den Gefallen nicht, schlug Sonthofen mit 10:3 und hatte damit den Klassenerhalt sicher. Somit wurden die übrigen Ergebnisse irrelevant. Berlin gewann in Bad Tölz 7:3.
In Augsburg waren erneut über 7.000 Zuschauer gekommen, etwa 1.000 mitgereiste Frankfurter um ihre Aufstiegshelden hochleben zu lassen, der Rest, um ihr Team bei Wahrung ihrer Minimalchance zu unterstützen. Eine Konstellation, nach der es über weite Strecken der Relegation nicht ausgesehen hatte.
Es wurde ein bizarres Schauspiel: Die Eintracht-Fans, angestachelt durch die ruchbar gewordene Bierprämie der Augsburger für Berlin, stimmten immer wieder höhnische "Sonthofen"-Sprechchöre an, Salz in die Augsburger Wunde streuend. Bei den Durchsagen der Zwischenstände wurde aus den Frankfurter Reihen auch noch "S--C Ries--sersee" skandiert. Die Augsburger Fans, ich konnte es aus unmittelbarer Nähe beobachten, hatten regelrecht Schaum vor dem Mund - es blieb aber alles friedlich, wie eigentlich immer beim Eishockey! Zu den Geschehnissen auf den bis auf den letzten Platz und darüber hinaus gefüllten Rängen des arschkalten weil an den Seiten offenen Kurt-Frenzel-Stadions passten auch die Ereignisse auf dem Eis. Die Eintracht-Cracks schienen ihre Aufstiegsfeier nur kurz für das Anlegen der Ausrüstung unterbrochen zu haben. Anstalten, ein Eishockeyspiel aufzunehmen wurden kaum gemacht, Unterbrechungen wurden teilweise genutzt, auf der Strafbank sitzende Kameraden zu besuchen und zu herzen, Schaaf, verletzungsbedingt fast die ganze Relegation zum Zuschauen gezwungen, aber heute wieder im Trikot, lief mit Sonnenbrille (eine der vielen von Zuschauern während der Heimspiele gestifteten Prämien) und Legionärskappe Ehrenrunden bevor das Spiel beendet war und ähnliche Einlagen waren zu bestaunen! Derweil die Augsburger Tor um Tor schossen, sich aber mit zunehmender Spieldauer immer weniger freuen konnten, weil sich herumgesprochen hatte, daß Riessersee sich gegen Sonthofen keine Blöße mehr gab. So jubelte am Ende der mit 7:0 geschlagene Tabellenführer, als hätte er heute erst den Aufstieg festgemacht, der mit Kantersieg triumphierenden Mannschaft dagegen war alles andere als zum Jubeln zumute, das Schützenfest konnte nicht den Frust und die Wut über den verpassten Aufstieg lindern. Bei Mannschaft und Publikum schien es sogar, als würde mit jedem Treffer die Resignation über die verpatzte Relegation größer, weil mit jedem Tor die Nutzlosigkeit dieses letzten Sieges klarer wurde.
Am Ende hatte die Eintracht also tatsächlich immer noch ihren 3-Punkte-Vorsprung, Riessersee war punktgleich mit Augsburg durch den gewonnenen direkten Vergleich Zweiter, Augsburg Dritter und Berlin, einen Punkt hinter Platz 2 nur Vierter! Die überlegenen Beherrscher der beiden Zweitligastaffeln hatten dem Nordzweiten den Vortritt lassen müssen.
Fazit:
Während Woche für Woche alle darauf gewartet hatten, daß es mit dem Höhenflug der Eintracht ein Ende haben würde, daß die in die Jahre gekommenen Leistungsträger unter der Last zusammenbrechen würden, ließen die Favoriten ihrerseits Federn zur Unzeit und gegen Gegner, gegen die man nicht verlieren durfte, wenn man aufsteigen wollte. So hatte sich die Eintracht nur gegen Bad Tölz einen (bis eineinhalb) echten Ausrutscher erlaubt.
In der Punktrunde der 2. Liga nicht haushoch überlegen der Konkurrenz enteilt zu sein hatte wohl dazu beigetragen, daß die Eintracht eine größere Bereitschaft mitgebracht hatte, gegen die vermeintlich Kleinen, die für die durch Jorma Siitarinen kühl und gelassen gecoachte Mannschaft gar nicht so klein waren, fast immer ans Limit zu gehen. Neben der mannschaftlichen Geschlossenheit und der allenthalben gelobten verschworenen Gemeinschaft hatte vor allem eine vermeintliche Schwäche der Eintracht den Ausschlag gegeben. Außenstehende hatten den Kader als überaltert, viele Leistungsträger über ihrem Zenit und die Neuzugänge als woanders Gescheiterte angesehen, dabei geflissentlich ignoriert, daß vor allem große Routine im Kader steckte, gerade Forster, die Guggemos-Brüder, Schoof, Münch, Vorlicek, Groß das deutsche Eishockey seit vielen Jahren kannten und Jerzy Potz über internationale Erfahrungen verfügte wie nur eine Handvoll andere Spieler der Liga. Nimmt man noch den in der Aufstiegsrunde fehlenden etatmässigen Kapitän Keller hinzu, so war der Kader gespickt mit Haudegen, die nichts so leicht aus der Ruhe bringen konnte. Gerade die schon abgeschriebenen Vorlicek und Groß spielten in der Relegation groß auf, aber auch Forster, Münch, Klaus und Helmut Guggemos, sogar Bernd Schoof, schossen wichtige Tore und widerlegten die Skeptiker. Und Trevor Erhardt zeigte all denen, die ihn schon in der 2. Liga für nicht torgefährlich und durchschlagskräftig genug gehalten hatten, daß er eine Mannschaft anführen konnte, daß Herz und Einstellung mehr bedeuteten als Scorerpunkte (die allerdings bei ihm auch immer stimmten).
Hinten stand als Aufstiegsgarant Peter Zankl, fast unüberwindbar und die Fachwelt war sich einig, daß er klar der beste Torhüter der Aufstiegsrunde war. Vor ihm verrichteten Jerzy Potz und Toni Forster herkulische Arbeit, da sie jeweils schwächere, teilweise - wie der "Sport Kurier" schrieb - "überforderte" Partner mittragen mußten. Deren Defizite zu kompensieren, dazu noch den Spielaufbau gestalten und das in der in den 17 ersten Relegationsspielen gezeigten Qualität, ist gar nicht hoch genug einzuschätzen.
Hinzu kommt, daß in Frankfurt zwar der Aufstieg gerne genommen wurde, aber anders als vor allem in Berlin aber auch in Augsburg, nicht das Gefühl herrschte, die Mannschaft müsse unbedingt aufsteigen. Ein weiteres Jahr 2. Liga hätte man in Frankfurt eher verschmerzen können, so hatte die SGE von den Spitzenmannschaften den geringsten Druck in der Relegation. Berlin und Augsburg hatten massiv investiert, um ins Oberhaus zu gelangen, am Ende damit womöglich ihre Spieler zu stark unter Druck gesetzt. Wobei es immer noch rätselhaft erscheint, daß gerade die Berliner mit so vielen Spielern, die in jeder Bundesliga-Mannschaft hätten spielen können, es nicht geschafft haben, sich durchzusetzen.
Ein weiterer Erfolgsfaktor war das Publikum. Ohne großen Erwartungsdruck stand das Publikum in der neunmal ausverkauften Halle jedesmal wie ein Mann hinter der Mannschaft, feuerte sie bedingungslos an und wurde mit der besten Heimbilanz belohnt.
Die Augsburger, die nach dem 13. Spieltag noch zweiter waren, bis dahin immer auf einem der zwei Spitzenplätze gelegen hatten, verloren zu Hause gegen Duisburg, dann in Sonthofen, verpassten danach den Heimsieg gegen den SCR und wurden noch eingeholt. Neben Verletzungspech kam auch Mißmanagement zum Tragen. Die in der Abwehr nur durchschnittlich besetzte Mannschaft entließ mitten in der Relegation einen der wenigen relegationstauglichen Verteidiger, Karel Kostka, weil er einen Vertrag bis 31.03.86 (!) hatte und man nicht bereit war, seine Bedingungen für eine Verlängerung zu erfüllen! Vor dem letzten Heimspiel sahen sich die Verantwortlichen genötigt, in der Stadionzeitung dem Verdacht entgegen zu treten, man wolle gar nicht aufsteigen! Zudem hatte es in der heißen Saisonphase einen Vorstandswechsel gegeben. Der Ausgeschiedene habe, so die Angaben, Erwartungen nicht erfüllt (und wohl evtl. auch finanzielle Zusagen nicht eingehalten).
Die Berliner hatten sich nach ihrem Fehlstart wieder herangekämpft, hatten nochmal alle Chancen, verloren aber in Freiburg und Duisburg, was alle Bemühungen zunichte machte. Das Endgültige Aus war dann die Niederlage in Riessersee, die man sich nur ohne die vorherigen Ausrutscher hätte leisten können. Riessersee schließlich schien schon entscheidend ins Hintertreffen geraten zu sein, als man zwischen 7. und 10. Spieltag in Berlin sowie zu Hause gegen Frankfurt und Kassel verlor. Danach gab es aber nur noch die Niederlage in Frankfurt und so machte die Mannschaft genug Boden wieder gut, um am Ende die Klasse zu erhalten.
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