Es kommt selten vor, daß ich ein Eishockeyspiel wegschalte. Heute habe ich es getan. Als Norwegen das 5:0 erzielte, war es vorbei. Bis dahin schon nicht anzuschauen, wie die Deutschen praktisch jeden Zweikampf verloren, ideenlos anliefen, auch immer langsamer als die Norweger und kaum einmal einen Puck aufs Tor brachten und die Norweger im Gegensatz dazu alles richtig machten, die Pucks hinten locker gewannen, schnell und ungestört nach vorne spielten und auch noch trafen. Es war ein Trauerspiel. Inzwischen, da ich diese Zeilen schreibe, steht es 1:9! Bitter, wie eine gar nicht so sehr gegenüber den beiden letzten, aus deutscher Sicht so erfreulichen WM, veränderte Mannschaft so schwach spielen kann. Vorne haben wir ja schon lange Probleme, Tore zu schießen, 2010 und 2011 mußte jeder Treffer aufs härteste errungen und erkämpft werden. Aber dieses Defensivverhalten ist nicht zu begreifen, vom Fore- und Backchecking der Stürmer über Zweikampfverhalten und Positionsspiel aller Feldspieler bis zu den Torhüterleistungen stimmt gar nichts. Als hätten sie alles verlernt. Es scheint so, als ginge im Konzert der ganz großen nur etwas für Deutschland, wenn das Team in Bestbesetzung antritt und jeder jedesmal sein allerbestes Hockey abruft. Sehr hohe Hürden. Wieder einmal wurde das Deutsche Eishockey aufs schmerzlichste entlarvt. Eine ganz gute Liga, in der zwar ordentliches Eishockey gespielt wird, dieses jedoch von drittklassigen Ausländern, die den Deutschen Spielern die Schlüsselpositionen wegnehmen. Für das deutsche Spielermaterial ist die Liga einerseits zu groß, andererseits kommen deutsche Nachwuchskräfte zu kurz. Die Strukturen sind schlecht, welcher DEL-Club hat schon eine vernünftige Nachwuchsarbeit, die DEL-taugliche Deutsche Talente in nennenswertem Umfang hervorbrächte? Auf der anderen Seite, welche Deutschen haben neben Talent noch genug Stehvermögen, um sich z.B. in Nordamerika durchzusetzen, so wie Marcel Goc, der Jahre gebraucht hat, um allmählich in der Hierarchie seiner Teams aufzusteigen und der jetzt als etabliert betrachtet werden kann. Der nächste ist womöglich Alexander Sulzer, der zuletzt viel Eiszeit in Buffalo bekommen hat und der ein jahrelanges Dasein gefristet hat zwischen Farmteam, Tribünenplatz als überzähliger Verteidiger und Bangen um einen neuen Vertrag.
Hoffnungen machen Tom Kühnhackl, der in der OHL bei den Niagara Ice Dogs im Finale steht, wenn auch seine individuellen Leistungen etwas schwächer sind als in der Vorsaison, als er bester Playoff-Skorer seiner Windsor Spitfires war, und Tobias Rieder, der Toskorer der Kitchener Rangers (ebenfalls OHL) in der abgelaufenen regulären Saison war. Beide spielen in der gemeinsam mit QMJHL und WHL anspruchvollsten Kanadischen Juniorenliga, wie auch eine Handvoll weiterer Deutscher, deren Werdegang ich aber nicht verfolgt habe. Kühnhackl war sogar im letzten Sommer im Trainingscamp der Pittsburgh Penguins, die ihn auch gedraftet hatten. Ich hoffe, er hat sich seine Chancen auf die NHL nicht mit seiner schwächeren zweiten OHL-Saison verbaut.
Es sollten sich mehr deutsche auf das Wagnis Nordamerika einlassen, hier ist es schwerer und härter, sich durchzusetzen aber da wird man auch zum Eishockeyspieler, im Gegensatz zu den Deutschen Nachwuchsligen.
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