"if you can't beat them in the alley, you can't beat them on the Ice" - (Conn Smythe) Aus dem Poesiealbum der Broad Street Bullies, der deutschen Nationalmannschaft gewidmet!

Mittwoch, 18. März 2020

Stadionalbum, neue Folge: MLB midcentury

Die höchste US-Amerikanische Baseball-Liga, major league, unterteilt in die ältere, in den 1870er Jahren entstandene "National League" und die um die Jahrhundertwende 1900 entstandene "American League", war bis in die 50er Jahre eine Angelegenheit der Ostküste, des "rust belt" von Pennsylvania und Ohio bis an die großen Seen und hatte die westlichste Ausdehnung in St. Louis. In den 50er und 60er Jahren kam es dann zu einigen Ortswechseln alteingesessener Mannschaften und schließlich auch zur Besiedlung bis dahin ignorierter Regionen. Dies machte entweder den kompletten Neubau von Stadien oder den Ausbau bereits vorhandener minor league-Stadien erforderlich.
Hier eine kleine Auswahl von in den besagten Jahrzehnten hinzugekommenen Stadien:



Die California Angels - so ihr Name während der längsten Zeit ihrer Existenz - wurden 1961 in die American League aufgenommen. 1966 wurde das abgebildete Stadion eröffnet und ist bis heute - nach Ausbau und wieder Rückbau - die Heimat des Teams.

Arlington Stadium wurde 1965 als minor league park mit 10.000 Plätzen eröffnet, während die Texas Rangers noch als (zweite Inkarnation) Washington Senators in der Landeshauptstadt spielten. Nach der Umsiedlung und Umbenennung des Teams fanden die Texas Rangers hier ihre Heimat. Im Laufe der Zeit wurde das Stadion auf 43.000 Plätze ausgebaut. 1993 zogen die Rangers in ein neues Stadion um.

Rechtzeitig für den Umzug der St. Louis Browns nach Baltimore wurde 1954 diese Ausbaustufe fertiggestellt mit zunächst 47.000, später 54.000 Plätzen. Neben den Baltimore Orioles spielte auch das NFL-Team der Baltimore Colts hier - so lange, bis Teambesitzer Irsay ein besseres Stadion wollte, nicht bekam und bei Nacht und Nebel das Team nach Indianapolis verpflanzte. Buchstäblich bei Nacht und Nebel: ohne Vorankündigung wurden eines Nachts Umzugslaster beladen und das Teamquartier ausgeräumt.

Metropolitan Stadium war 1956 eröffnet worden, in der Hoffnung, eine MLB-Franchise nach Minneapolis zu locken. Dies gelang schließlich 1960/61, als die ursprünglichen Washington Senators ihre Zelte in der Hauptstadt abbrachen. In Bloomington, nahe der Doppelgemeinde Minneapolis-St. Paul fanden die so entstandenen Minnesota Twins ihre Heimat für die nächsten 20 Jahre. Auch die Vikings aus der NFL spielten hier. Man kann sich anhand des Fotos vorstellen, wie hier sukzessive erweitert worden war, um die Kapazität von initial 18.000 auf über 50.000 zu erhöhen. 

Die Houston Astros waren 1962 gegründet worden und trugen in ihren ersten drei Jahren den Namen "Colt 45's" (in Texas wundert einen nichts). Während der Astrodome in Bau war, spielte das Team im 1962 als vorübergehende Heimat erbauten Stadion. 33.000 passten rein, in den drei Jahren von '62-'64 kamen aber insgesamt nur wenig mehr als in der ersten Saison im Astrodome. 

Das bereits 1923 eröffnete Kansas City Municipal Stadium (damals "Muehlenbach Field") war lange Zeit "nur" Heimat von minor league- und negro league-teams. 1955 zogen die Philadelphia Athletics nach KC und blieben bis 1967. Der in mehreren Quellen als etwas wunderlich und verschroben beschriebene Teambesitzer Charles O. Finley unterhielt auf dem Stadiongelände für die weniger am Spiel interessierten Besucher einen Streichelzoo und er soll auch immer wieder die Regeln bezüglich der Spielfeldgröße versucht haben zu dehnen. Das Stadion war für die A's auf knapp 34.000 Plätze ausgebaut worden. Dennoch zog Finley mit seinem Team 1967 weiter westwärts nach Oakland. Anders als die (Boston/Milwaukee/Atlanta) Braves, gelang es den A's nicht, in allen drei Heimatstädten eine world series zu gewinnen, sie holten 5 Titel nach Philadelphia, 4 nach Oakland und keinen nach K.C.. Auch der aktuelle Super Bowl Champ Kansas City Chiefs spielte hier (vor maximal 35.000), solange bis die NFL eine Mindestkapazität von 50.000 zur Auflage machte. Ein paar Jahre nach dem Wegzug der A's bekam K.C. mit den Royals ein neues Team, das vor Fertigstellung des "Truman sports complex" mit Arrowhead und Kauffman Stadium ebenfalls im hier abgebildeten Stadion spielte.

Architektonische Schönheit und Charme von Dodgers Stadium in den Hügeln über der Stadt sind oft beschrieben worden. Bevor die geliebten ehemaligen Brooklyn Dodgers allerdings hier 1962 ihre Heimat fanden, spielten sie einige Jahre im olympischen L.A. Coliseum, das durch seine Innenraum-Konfiguration für Baseball völlig ungeeignet war und einen grotesken Spielfeldzuschnitt bei Baseballspielen bedingte. Aber an der nach Baseball dürstenden Westküste strömten die Fans in Scharen und die Dodgers stellten im Coliseum Zuschauerrekorde auf, begrüßten teilweise über 90.000 Zuschauer. Heute ist Dodger Stadium das drittälteste Stadion der Liga und verkörpert nicht nur eine andere bauliche Epoche sondern auch ein anderes Lebensgefühl. Was in Boston und Chicago ganz normal ist, nämlich, daß man zu Fuß zu einem Spiel gehen kann, ist in L.A. undenkbar. Hier geht niemand zu Fuß und das Stadion ist auch gar nicht dafür ausgelegt, es sei denn man wäre bereit, eine 5 bis 10 km weite Wanderung zu absolvieren. 

Im Jahr 1925 wurde dieses Stadion in L.A. eröffnet als Heimat für u.a. die Los Angeles Angels aus der pacific coast league. Die damaligen Angels waren ein Farmteam der Chicago Cubs, hatten ergo den gleichen Besitzer, William Wrigley Jr.. So ergab es sich, daß das Stadion in L.A. "Wrigley Field" getauft wurde, ein Jahr bevor das Stadion der Cubs in Chicago diesen Namen auch erhielt. Als die neu in die American League aufgenommenen L.A. Angels den Spielbetrieb aufnahmen, waren Stadion und Umgebung bereits heruntergekommen und verfallend. Dieser Umstand und die geringe Kapazität von knapp 22.000 führten dazu, daß die Angels nach einem Jahr in Wrigley drei Jahre im Stadion der Dodgers als Untermieter spielten, ehe ihr eigenes Stadion (s.o.) fertig geworden war.

Milwaukee gehört zu den Städten, die ein halbes Jahrhundert nur minor league-Baseball beheimateten, ehe die big leagues zu ihnen kamen, wieder gingen und erneut kamen. 1953 wurde Milwaukee County Stadium eröffnet  (eigentlich für das minor league-Team der Brewers), pünktlich für die Ankunft der Boston Braves, die von 1953 bis 1965 die Milwaukee Braves waren. Nach deren Weiterreise nach Atlanta. 1970, nach einem Jahr als "Seattle Pilots" kam eine neue MLB-Franchise in die Brauereistadt in Wisconsin und erhielt den Namen Brewers. Eine Besonderheit dieses max. 55.000 Zuschauer fassenden Stadions war, daß im outfield, nahe der Anzeigetafel ein Häuschen stand, in dem "Bernie Brewer" hauste. Nach jedem Homerun der Brewers mußte ein armer Mensch im Kostüm des Maskottchens eine Rutsche in einen gigantischen Bierkrug nehmen. Im County Stadium trugen auch die Green Bay Packers jahrzehntelang 2 bis 4 mal jährlich Heimspiele aus. Und hier wurden zahlreiche Szenen für den Film "die Indianer von Cleveland / major league" gedreht. 

Shea Stadium in Queens wurde 1964 eröffnet, auf dem Flushing Meadows Parkgelände. Die Heimmannschaft, die NY Mets, waren 1962 gegründet worden, nachdem der gleichzeitige  Abgang von Dodgers und Giants nach Kalifornien doch eine empfindliche Lücke in die Sportlandschaft gerissen hatte. In diesem Stadion fand auch eines der Konzerte der Beatles auf ihrer letzten US-Tour 1965 statt, etwas bizarr anmutend, da die Zuschauer nur auf der Tribüne saßen, während die Bühne etwas verloren inmitten des leeren Innenraumes stand. Fans in unbestuhlten Innenräumen waren damals noch ebenso unbekannt wie überhaupt Open-Air-Konzerte vor so vielen Zuschauern (55.000). Die ersten zwei Jahre hatten die Mets übrigens im alten, einst von den Giants genutzten "Polo Grounds" -Stadion gespielt. 

Das 1966 eröffnete Oakland Alameda Colisseum ist hier noch in seiner ursprünglichen Form, bevor zur Akkomodation der Raiders ein scheußliches Tribünen-Ungetüm dazu gebaut wurde. Die ursprünglich aus Philadelphia stammenden Athletics hielten hier nach einem Zwischenspiel in Kansas City Einzug. Wie L.A. mit den Angels bekam auch die Bay Area neben den Giants ein zweites Team verpasst, allerdings war hier der Neuankömmling deutlich erfolgreicher. 


Weil die Liga mit nur einem  der Team an der Westküste etwas unbalanciert gewirkt hätte, ließ man es zu, dass gleich zwei Teams aus New York gen Westen zogen. Die heute noch relevante Rivalität zwischen Dodgers und Giants hatte ihren Ursprung im 19. Jahrhundert in New York City! In San Francisco angekommen, spielten die Giants zunächst zwei Jahre lang im alten und kleinen minor league-Stadion "Seals Stadium" - wo einst auch Joe DiMaggio erste Schritte als Profi unternommen hatte. Von 1960 bis 2000 war dann der hier abgebildete "Candlestick Park" die Heimat der Giants. Man sieht den Trend der Nachkriegszeit, Stadien mit gigantischen Parkplätzen im Brachland außerhalb von Stadtzentren zu errichten, weil, besonders im Westen, in dieser Ära niemand auf die Idee gekommen wäre, zu Fuß zu gehen. Es war das Zeitalter der individuellen Mobilität als Massenphänomen und als vermeintlicher Ausweis von Freiheit. 

Seattle konnte sich 1969 genau ein Jahr lang einer Major-League-Franchise erfreuen. Die "Pilots" erkoren das in der 30er Jahren eröffnete "Sick's Stadium" zur Heimstätte, benannt nach dem Besitzer des damaligen Heimteams in der Pacific Coast League. Zuvor hatten mehrere Besitzer anderer Teams Seattle als mögliche neue Heimat geprüft und alle wegen des desolaten Zustandes von "Sick's Stadium" abgewunken. Dann kam ein Jahr früher als erwartet der Zuschlag für die Pilots. In großer Hast wurde das Stadion 1969 ausgebaut um wenigstens annähernd major league-Format zu erreichen. Berichtet wird von Begebenheiten noch nicht fertig montierter Sitze und noch nicht getrockneter Farbe, als die ersten Besucher Platz nahmen. Team und Stadion wurden nur mäßig angenommen, da das Stadion in keiner Weise den Ansprüchen genügte. Es wurde nicht geschafft, die Zusage einzuhalten, 30.000 Zuschauerplätze anzubieten, viele Plätze hatten Sichtbehinderungen, es gab keine Plätze für Kamerapositionen, die Sanitären Einrichtungen waren so schlecht, daß nach dem 7. Inning die Toilettenspülungen ausfielen und die Gästespieler im Hotel duschen mussten usw.. Trotz der höchsten Ticketpreise der Liga - oder deswegen - meldete das Team nach der einzigen Saison Konkurs an und wurde nach Milwaukee verkauft.