"if you can't beat them in the alley, you can't beat them on the Ice" - (Conn Smythe) Aus dem Poesiealbum der Broad Street Bullies, der deutschen Nationalmannschaft gewidmet!

Montag, 13. Juni 2016

Gordie Howe

Mr. Hockey ist tot! Verstorben im Alter von 88 Jahren.
Er war ein außergewöhnlicher Spieler, weil er so viele unterschiedliche  Qualitäten in sich vereinte, wie kein Spieler vor oder nach ihm, das Gesamtpaket zeichnete ihn aus. Er war Torjäger und Vorbereiter, Topscorer und gefürchteter Faustkämpfer, ein Superstar, der seine eigenen Kämpfe ausfocht. Er spielte 25 Jahre für ein Team, war, bis er mit 43 erstmals aufhörte, Leistungsträger. Fing mit 45 noch mal an und spielte mit 52 sein letztes NHL-Spiel, auch in seiner letzten Saison vollwertiger Spieler und nicht bloße Kuriosität, wie das Alter vermuten ließe.  
Erinnerungen an ihn:



Was für eine Karriere! In den Bereich der 80-90 Scorerpunkte war vor ihm niemand vorgedrungen, und so regelmässig wie er in den 50er und 60er Jahren schafften es andere erst nach der Liga-Expansion 1967. Als er mit 41 Jahren erstmals 100 Punkte erzielte, war er erst der dritte Spieler überhaupt, dem das gelang. Bis heute ist er der Älteste. 50 Tore bedeuteten bis in die 60er Jahre eine absolute Schallgrenze, Rocket Richard von den Canadiens war bis dahin der Einzige, dem das gelungen war. Howe war oft nahe dran. 20 Jahre in Folge rangierte er unter den besten 5 Scorern der Saison! Howe begann in der Nachkriegszeit, als die "original six"-Ära begonnen hatte, in der die NHL bis 1967 nur aus sechs Teams bestand. In seiner letzten Saison waren es, durch die Aufnahme der vier überlebenden WHA-Teams, dann 21 Mannschaften.

Als 18-jähriger Rookie, 1946. Die Red Wings hatten das herausragende Talent des schüchternen Jungen aus Sasketchewan erkannt und ihn an sich gebunden. Gordie Howe wuchs als eines von neun Kindern in ärmlichen Verhältnissen auf. Ein Jahr vor der großen Depression geboren, verfügte seine Familie nicht über die Mittel für eine Eishockey-Ausrüstung. Seine ersten Schlittschuhe kamen in seinen Besitz, als eine Nachbarin wegen der Weltwirtschaftskrise ihr Hab und Gut verscherbeln mußte. Als Kind litt er unter einer Leseschwäche, weshalb er Hänseleien ausgesetzt war, bis er stark genug war, diese zu unterbinden. Als Jugendlicher arbeitete er auf dem Bau, gewöhnte sich an, einarmig Zementsäcke zu tragen. Zwei Bausteine zu seiner enormen Physis als Teil des außergewöhnlichen Allround-Talents. 

Dynamisch, mit Zug zum Tor, war eine der Facetten seines multidimensionalen Spieles.

Publicity-Foto aus den frühen Jahren. Nur zu erahnen, daß der freundlich dreinblickende Jüngling mit allen Wassern gewaschen war, seine Künste am Puck den Gegnern genauso viel Respekt und Angst einflössten wie seine berüchtigten "flying elbows" und, wenn es sein mußte, sein Fäuste. Es gibt viele Zeitgenossen, die ihn nicht nur für den Besten aller Zeiten halten, sondern auch für den Härtesten und Gemeinsten.

Das Aushängeschild der Liga. Vom Arbeiterkind aus dem Farmland zur nationalen Berühmtheit der USA. Er aß mit Präsidenten und bekam eine Huldigung durch Einbau in eine Simpsons-Folge!

Als Eishockeyspieler auf der Titelseite der "SI", das kam in der Zeit vor Wayne Gretzky so gut wie gar nicht vor und zeigt seinen Stellenwert. Er war lange Zeit der einzige Eishockeyspieler mit einem USA-weitem Wiedererkennungswert. Der Sport war eben bis in die späten 60er Jahre kaum verbreitet und führte außerhalb der NHL-Standorte (NY, Boston, Chicago und Detroit) ein Schattendasein.

Erzielt ein Spieler einen Hattrick, so werfen die Zuschauer in Amerika Kopfbedeckungen auf das Eis. Der langjährige General Manager der Red Wings, Jack Adams setzt Howe nach einem Spiel mit Hattrick einen der Hüte auf. Neben dem herkömmlichen Hattrick gab es auch den sogenannten "Gordie Howe-Hattrick": Tor + Assist + fighting major in einem Spiel!


Logisch, daß er den Titel dieses wundervollen Buches ziert. Keiner prägte die Liga so wie er.

Er häufte eine zuvor nie dagewesene Zahl von Toren an. Am Ende waren es 801 regular season goals in der NHL. Blieb lange unübertroffen. Hätte er die wilden 80er Jahre des "firewagon hockey" in seinen 20ern oder 30ern erlebt, wären es wahrscheinlich mehr Tore geworden.
Jack Adams wußte, was die Red Wings an Howe hatten. Nicht nur gut 20 Jahre lang den dominierenden Spieler der Liga, sondern auch einen sehr günstigen Superstar, da in Vertragsangelegenheiten eher unbedarft. Zu Howes aktiver Zeit waren Knebelverträge an der Tagesordnung, die Spieler hatten sehr wenig Macht, waren auch nicht selten - so wie Howe - einfache, ungebildete Männer aus den ländlichen Gebieten Kanadas. Zum Ende seiner Karriere hin merkte Howe erst wie er lange Jahre über den Tisch gezogen worden war, als er erfuhr, daß Neulinge teilweise mehr verdienten als er.



Bemerkenswert für einen der härtesten Spieler und gefürchteten Faustkämpfer, er hatte Hände und Stocktechnik, die mit den filigransten Edeltechnikern mithalten konnten.

Er zog nicht nur immer wieder dynamisch von außen zum Tor, manchmal parkte er auch im slot, um abzustauben. Zeitgenossen sagen, daß Howes Schuß von Vor- wie Rückhandseite gleichermaßen gefährlich war. Daneben war er in der Lage, Pucks aus den Ecken loszueisen und sich auch gegen mehrere Gegenspieler an der Bande durchzusetzen.

Außerhalb des Eises war er die Liebenswürdigkeit in Person, galt als warmherzig, freundlich, respektvoll und demütig allen Menschen gegenüber. Er nahm sich Zeit für jeden, soll angeblich keinen Autogrammwunsch ausgeschlagen haben. Das verlangte er auch seinen Mitspielern ab. So soll er sogar dem einzigartig guten aber auch einzigartig unausstehlichen Terry Sawchuck gesagt haben, er würde ihm beide Arme brechen, wenn er nicht endlich als letzter Red Wing auch noch das Programmheft eines jungen Fans signierte. Der Hall of fame-Torwart tat es dann, nachdem er den Fan vorher mehrmals weggejagt hatte. Das Kind, mit dem Howe hier scherzt ist der 12-jährige Wayne Gretzky, den (auch wenn Jean Beliveau sein Lieblingsspieler war) eine von Freundschaft und Bewunderung geprägte Beziehung zum größten Idol des Sports (bevor er es selbst wurde) verband. Gretzky sollte der Spieler sein, der Howes Rekorde später pulverisierte. Dem gegenseitigen Respekt und der lebenslang anhaltenden gegenseitigen Bewunderung tat das keinen Abbruch.



Das Team, dessen Farben Gordie Howe 25 Jahre lang trug. Am Ende war er 43 Jahre alt. Nach 4 Stanleycup-Titeln in der von Montreal und Toronto dominierten Liga, 6 Art Ross- und 6 Hart Trophys, litt er unter Arthritis im Handgelenk, die Red Wings waren sportlich nicht mehr erfolgreich und eine gewisse Bitterkeit nach der Erkenntnis, vom geldgierigen Besitzer jahrzehntelang übervorteilt worden zu sein, trug auch dazu bei, daß er genug hatte.
Gordie Howe, eingerahmt von seinen Söhnen Marty und Marc. Bill Dineen, ehemaliger Mannschaftskamerad Howes und dann Trainer der Houston Aeros in der neuen WHA, draftete die beiden Junioren, mit dem Hintergedanken, den alten Herren zurück aufs Eis zu locken. Gordie, frustriert und gelangweilt von seinem bedeutungslosen Bürojob bei den Red Wings, mußte nicht lange gebeten werden. Für ihn wurde ein Traum wahr, als er mit seinen Söhnen zusammen auflaufen konnte. Das Comeback mit 45 Jahren gab ihm, wie er sagte, die Liebe zum Spiel wieder zurück. Leicht zu glauben, wenn man sieht, daß er noch 7 Jahre spielte. Die WHA war gegründet worden als Konkurrenzliga zur NHL. Als großes Vermächtnis dieser insgesamt sehr abenteuerlichen und anekdotenreichen Zeit blieb, daß dank der WHA die (für Spieler) katastrophalen Knebelverträge der NHL ausgehebelt wurden und sich Verhandlungspositionen und Gehälter der Aktiven maßgeblich verbesserten. Vorher gehörte der Spieler dem Team, Transfers gegen den Willen des Teams waren praktisch unmöglich und die Verträge verlängerten sich automatisch zu den gleichen Bedingungen. Gehaltserhöhungen waren dem Goodwill der Teambesitzer überlassen. Ironie des Schicksals: die noch minderjährigen Howe-Buben verdienten in ihrem ersten Profijahr mehr als Gordie in seinem letzten Jahr in Detroit. Und das nicht, weil die Houston Aeros mehr Geld gehabt hätten.

Die Houston Aeros, das Team, dessen Trainer Bill Dineen es gelungen war, Gordie aus dem Ruhestand zu holen. Typisch für die Strategie der WHA war es, Teams in von der sehr konservativ geführten NHL vernachlässigten Regionen anzusiedeln. Texas war da eine logische Wahl. Mit der Howe-Familie als Zugpferd sollte das Hockey-fremde Publikum angelockt werden. Mit durchwachsenem erfolg. Die gut bezahlten Howes sollen so ziemlich die einzigen gewesen sein, die ihr Geld immer pünktlich bekamen.

Das letzte Team, für das Gordie Howe die Schlittschuhe schnürte. Die New England Whalers der WHA versuchten ihr Glück zunächst in Boston. Neben der Besiedlung der weißen Flecken der Eishockey-Landkarten war es nämlich auch Teil des Planes, in ausgewählten etablierten Eishockeymärkten für Konkurrenz zu sorgen. Ging in New York, Chicago, Toronto und Detroit total schief und in Boston funktionierte es auch nicht. Ein besseres Zuhause fand das Team in Hartford und unter diesm Namen wurde man auch NHL-Mitglied. Howe spielte hier seine finale NHL-Saison. Selbst mit 52 Jahren war er noch ein Faktor, nicht nur statistisch. Seine überragende Physis half ihm sicher dabei, in deiesem hohen Alter erstmals in seiner Laufbahn 80 Saisonspiele zu absolvieren! Er war so fit und stark, daß Spieler berichteten, Versuche, ihn von hinten zu checken, hätten sich angefühlt, als würde man gegen eine Wand fahren!