Was hat Willy Brandt den Eintracht-Fans voraus?
Er muß die sehenden Auges betriebene Selbstentleibung seines Vereins nicht miterleben. Es bleibt ihm erspart, mitanzusehen, wie die Versager, die die SPD seit Jahren herunterwirtschaften sich vor der Verantwortungsübernahme in einer "linken" Regierung drücken, stattdessen der CDU das Weiterregieren ermöglichen, um selbst ein paar Posten und Ämter abzugreifen, ehe die ruhm- und traditionsreiche SPD bei der nächsten Wahl endgültig in der Versenkung verschwindet.
Zugegeben das trifft eher auf die Eintracht nach 1995 zu als auf die heutige. Und ich möchte ausdrücklich Bruchhagen, Hübner, Veh und die Mannschaft nicht in den gleichen Sack stecken wie die Protagonisten von damals.
Aber zumindest habe ich immer noch den Eindruck, daß das Ausmaß der Probleme von den Verantwortlichen nicht voll erfasst wurde. Es wird immer noch zu unkritisch davon geredet, wie man ein weiteres Spiel doch eigentlich "kontrolliert" habe, über wahlweise 15, 30, 45, 60 oder sogar 75 Minuten. Daß vier Unentschieden in Folge viermal sieglos bedeutet, hat wohl in Frankfurt keiner bemerkt. Schon nach dem 2:2 gegen den HSV hätten alle Alarmglocken läuten müssen, dieses Spiel und sein Verlauf war die Blaupause für alle folgenden außer in Mönchengladbach. "Wir haben nur eine Ergebniskrise" hieß es da noch und auch nach weiteren Pleiten. Wenn eine Mannschaft besser spielt als die andere und nicht gewinnt, dann haben Spieler und Trainer ihren Job nicht richtig gemacht, Punkt. Komme mir da bloß keiner mit den Unwägbarkeiten des Fußballs, Pech, abgefälschten Bällen, Fehlentscheidungen der Schiedsrichter etc.
Die Mannschaft hat eine manifeste Krise, spielerische und mentale Probleme, ist weder hinten noch vorne konsequent genug. Hat sie keine Ziele? Die Spieler wirken planlos. Es ist im Grunde eine Fortsetzung der letzten Rückrunde, als immer dieselben gespielt haben, egal wie weit sie von ihrer Form entfernt waren. Auch deshalb scheinen so viele unfocussiert. Es fehlt der Druck, man weiß, man spielt sowieso das nächste Mal wieder, der Trainer wiederum vertraut den Ersatzspielern nicht, was auch in beide Richtungen (aufs Spielfeld und auf die Bank) ungünstige Signale sendet. Art und Entstehung der Gegentore in den letzten sieben Spielen lassen jedenfalls keinen Interpretationsspielraum, allen bemühten Sprachregelungen zum Trotz: So spielt ein Abstiegskandidat, der nicht zufällig in diese Region geraten ist. Wem passiert so etwas? Mannschaften, die sich - dem Pfeiffen im Wald gleich - zureden, es sei eine Ergebniskrise trotz guter Leistungen, anstatt sich mit den Fehlern zu beschäftigen und sie abzustellen. Die sich zu lange in Verleugnung der Realität auf "Spielkontrolle" ausruhen, etwas auf ihr (vielleicht überschätztes) spielerisches Potenzial zugute halten. Obwohl inzwischen die halbe Liga so spielt und die Gegner inzwischen nur noch auf "das langsame Erschlaffen der Kräfte" (Ror Wolf) bei der Eintracht zu warten brauchen. Man kann nur hoffen, daß diesmal die zweiwöchige Spielpause besser genutzt wird als die letzte solche Unterbrechung, auf die eine katastrophale Leistung gefolgt war. Zwei Wochen Zeit für Zweikampfschulung, Positionsspiel bei gegnerischem Ballbesitz, Spieleröffnung und Abschluß, vielleicht auch noch ein bischen Standardsituationen. Macht was draus.
Und hört auf, immer weiter auf das spielerische Potential zu Pochen.
Nochmal: Wer mit den vorhandenen Mitteln den Gegner nicht besiegen kann, der macht etwas falsch, muß nach anderen Wegen suchen, anstatt immer so weiterzumachen.
A propos Realitätsverlust: Sah ich doch neulich den "Kaiser", den Franz, wie er sagte, er habe in Katar noch keine Sklaven gesehen und er kenne das Land ja wohl besser als die ganzen Kritiker und Berichterstatter! Geht klar Franz. Im Allgemeinen kennen Multimillionäre, zumal wenn sie von so zweifelhaften Organisationen wie der FIFA und Ölscheichregimes hofiert werden, Land und Leute am besten. Der Kalle würde wahrscheinlich zustimmen, daß das da in Katar ganz anständige und vertrauenswürdige Leute sind. An Demokratie hat man in Bayern ja auch nur begrenzt Interesse und mit den Gesetzen nimmt man es ja selbst nicht immer so genau. Passt also schon.
Wie käuflich, korrupt und moralisch bankrott kann man sein, wenn man eigentlich alles hat, was man braucht?